Ich lebe in den USA. Ich bin gerne hier. Es ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen und einer wunderbaren Kultur.
Aber...
Wenn ich am Abend in einer einsamen Straße in New York gehe, fürchte ich mich. Vor Kriminellen. Wäre meine Hautfarbe schwarz, müsste ich mich mehr vor der Polizei als vor Kriminellen fürchten.
Eric Garner ist zum Symbol geworden.
Er hatte doppeltes Pech. Einerseits war er zur falschen Zeit am falschen Ort. Aber vor allem hatte er die falsche Hautfarbe. Seine Vergehen: Er hatte Zigaretten gekauft. Und er war Afroamerikaner. Die Polizei hielt ihn für einen Schwarzhändler und amtshandelte. Während dieser Amtshandlung erstickte er. Er war Asthmatiker. Seine letzten Worte waren: „I can’t breathe!”
Diejenigen, die seinen Tod bewirkt hatten, wurden nicht einmal freigesprochen. Sie mussten sich vor keinem Gericht verantworten.
Dies war kein Einzelfall.
Protest regte sich. Der kaum übersetzbare Slogan „Black lives matter!” (etwa: „auch schwarze Leben sind von Bedeutung”) wurde in vielbeachteten Demonstrationen durch das Land getragen. Mit diesem Protest solidarisiere ich mich in diesem Werk.
„I can’t breathe” für Trompete solo, in memoriam Eric Garner beginnt – ziemlich traditionell – mit einem Trauergesang: eine freie Kantilene im zwölftönigen Raum. Dann verengen sich die Intervalle. Der Gesang wird immer mehr erstickt, zuletzt in einer Sechzehnteltonskala. Dieser sich verengende Trauergesang steht in einem Klangraum weiter Trompetentöne extremer Register und wechselnder Farben – vielleicht vorsichtige Symbole für jene Welt, aus der das Opfer gewaltsam gerissen wurde.
Den Tätern gebe ich keine Töne.
Die Aufführung erfordert zahlreiche rasche Dämpferwechsel und langsame Veränderungen der Dämpfer. Dafür ist Marco Blaauws Doppeltrompete bestens geeignet.
Ich danke der Kölner Philharmonie, ich danke Heinz Holliger und ich danke Marco Blaauw, dass sie diese Aufführung so kurzfristig ermöglicht haben. Und ich danke besonders den Verantwortlichen des Ensembles Musikfabrik, dass sie auf das ihnen zustehende Recht der Uraufführung in einem ihrer Konzerte verzichtet haben, um dieses Werk möglichst früh öffentlich zugänglich zu machen.