musikprotokoll Slice 2020
Die relative Kunst der Unfuge
Die relative Kunst der Unfuge 018
Die relative Kunst der Unfuge

Nun sind unser zwey

Hart die Türe aufgeschlagen,
freches Wehen, Ziehen, Zucken,
in der Dünung stehend,
feucht die Poren vollgefüllt,
am letzten Flecken Erde,filzbedeckt,
ein Umriss,
stehend
- zwischen Licht und Schatten,
dort und da,
Aus- und Einzug,
- grelle Sonne unter Wasser.

Bist du´s alter Knabe,
der da am Ufer steht,
die Wellen treibend,
überm Bett die Mitte suchend,
teilend, bindend?

Bist du´s Sasa,
alter Gärtner,
der hier in der Brandung steht,
danach trachtend,
aufzuzeigen,
anzudeuten,
auszumalen?

Hitze steht dir ins Gesicht geschrieben,
Augen unter Wasser,
wortlos,
drängend,
murmelnd widersprechend,
immer wieder,
wieder,
immer,
- zeitenwendend,

reklamierend,
und kein Ende scheint in Sicht.

Vorwärts! hört man´s
Öffne dich
und weiche.

Haia Fie!
Haia Fie!
Der Spaten weist den Weg.

Salzsäulerner Absprung,
Ich weiß: du bist bereit,
doch noch trägt dich der Boden.
Noch bist schneller als die Beine tragen,
schneller als der Wind,
- Hals über Kopf,
gebunden.

Noch bist unterwegs,
mein Guter,
meinst zu wissen wo es hin geht.
- noch hört man,
wie du atmest,
- Donner zwischen Wolken.

Doch hinterm Zaun,
quer zur Zeit,
angebunden und vertaut
liegt des ersten Adlers Barke,
- ins Schwarz der Augen stechend.

Siehst die Blätter dort im Wind,
die Asche,
leuchtend hell,
längst bist du zum Flug bereit,
nun also,
gib das Zeichen.

Da setzt er den Spaten an,
tief versenkt die Klinge
hinein ins dicht gewirkte Netz,
durch Fäden,
matt und glänzend,
zum Grund hinab
- zur Wurzel,

die kein Keim umfasst.

Und also tanz ins Fleisch der Erde,
Haia Fie!
Haia Fie!
Der Spaten weist den Weg.

Türen klappern,
Fenster schlagen,
wildes Klopfen, Hämmern, Jagen,
Sturm fegt durch´s Gemäuer,
fährt durch durch Mark und Bein,
dreht sich,
wirbelt, stößt, zwickt und faucht,
die Hörner bockig aufgestellt.
Immer wieder,
wieder,
immer,
schnaubt´s und ruckelt´s
- s´Auge unter Wasser.

Nun denn, schlag ein,
mein bester Esser,
drück tiefer, weiter, fester,
fahr fort,
lös alles auf,
das dich einst hielt
und nimm vom roten Fleisch
und iss!

Haia Fie!
Haia Fie!
Der Spaten weist den Weg.

Da ebbt der Wind,
verflacht der Hauch,
Stolz aller Wellen
fallend,
bleich und leuchtend,
blutleer, hell,

- unterm Eis:

deine Hand.

Und kein Blick zurück.

Peter Brandlmayr
Kooperationen

Konzept & Musik: Martin Brandlmayr und Peter Brandlmayr

Die Installation Die relative Kunst der Unfuge ist ein Auftragswerk des ORF musikprotokoll.

Termine
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Location
Akademie Graz
Installation
Uraufführung
Dieses Werk gehört zu dem Projekt:
musikprotokoll 2020 | Die relative Kunst der Unfuge