09.10. | 23:30
Die Musik des amerikanischen Komponisten Phill Niblock: Melodie, Rhythmus, Harmonik ‒ Fehlanzeige. Zumindest in der klassischen Bedeutung dieser Begriffe. Dichte, Konsistenz, Intensität, Widerstand, Schichtung, Reibung, Statik, Masse ‒ mit diesen Konzepten kommt man seiner Musik schon näher. Man könnte solche Klangzustände durch orgiastisch Expressives herbeiführen wollen, aber schon wieder ‒ Fehlanzeige. Phill Niblocks Partituren sind Musterbeispiele mikrotonaler Feinstmechanik. Die kleinstmöglichen noch hörbaren Tonabstände im sogenannten Cent-Bereich sind mathematisch akribisch, peinlich genau notiert und sollen sehr laut gespielt werden.
Im Falle des beim musikprotokoll aufgeführten Ensemblewerkes Exploratory Project mit zwanzig Stimmen schwirrt dieser Klangkosmos in all seiner Intensität los, taucht man ein in die ständig bewegte und bewegliche massive Klangwand, kann es durchaus dazu kommen, dass man erst recht wieder Mikroharmonik, Mikrorhythmen und vielleicht sogar die eine oder andere Mikromelodie heraushört. Es ist ein wahres Exploratory Project, ein Projekt zur „Untersuchung“ von Klang. 2003 war Phill Niblock das letzte Mal beim musikprotokoll zu Gast. Mit seinen jüngsten Werken wollen wir den inzwischen 88-jährigen Ikonoklasten 2021 wieder hochleben lassen.