Konzertreihe im Rahmen des 50 Jahr Jubiläums des IEM
In der Tradition von experimentellen Lautsprecherkonzerten stehend, wie sie bis in die 1990er Jahre üblich waren, werden in dieser Konzertreihe Werke Elektronischer Musik aus dieser Zeit wiederaufgeführt. Dazu werden die Kasematten am Schloßberg vom 9.–11. Oktober 2015 als öffentlicher Klang- raum mit historischen Vintage-Lautsprecheranlagen ausgestattet, um den Originalklang elektroakustischer Musik aus den 1990ern kurzzeitig wieder auferstehen zu lassen.
Solche Konzerte und vor allem Festivals waren in Österreich rare Ereignisse. Sie waren nicht nur an den Musikhochschulen ein wichtiger Bestandteil der Entwicklung der „Elektronischen Musik“ als „neue experimentelle Musik“, sondern auch in der freien Musikszene eine Reaktion auf traditionelle Konzerte abseits der etablierten Festivals. Die Werke wurden als rein elektroakustische Lautsprechermusik in der Folge auch als „Absolute Musik“ bezeichnet.
Als Quelle dienten hauptsächlich analoge Tonbandmaschinen, Digital-Rekorder der ersten Generation und in selteneren Fällen live gespielte oder computergesteuerte Synthesizer. Eine zentrale Rolle bei der Interpretation dieser Musik spielt die an den Raum angepasste räumliche Verteilung der verschiedenen Lautsprechergruppen und deren Steuerung über ein zentrales Matrixmischpult. Im Unterschied zu Akusmatischer Musik mit dem Akusmonium, die aus der Musique concrète in Paris hervorgegangen ist, orientieren sich diese Aufführungen mehr am Mehrkanaldenken aus der Tradition von Luigi Nono und Karlheinz Stockhausen und damit an der Schule der elektronischen Musik und des musikalischen Klangraums wie er in Deutschland gepflegt wurde.
An den drei Veranstaltungstagen werden in je zwei Konzerten historische Werke und neue Kompositionen, die sich an dem historischen Klangbild orientieren, aufgeführt. Zusätzlich zu den Stücken werden zur Vermittlung dieses fast in Vergessenheit geratenen kulturellen Erbes Gespräche mit den wichtigsten Proponenten aus dieser Zeit in die Konzerte eingeflochten.
Als imaginativer Ansatz zur Werksauswahl wird von den Mehrkanalwerken von Andrzej Dobrowolski, Helmut Dencker und anderer „Prä-1990er“-Werke ausgegangen. Diese wurden mittels Tonbandschnitt und Synthesizer auf Mehrspurmaschinen sowie mit Hilfe von Mikrocomputern komponiert und stellen den Ausgangspunkt der „Grazer Schule der Elektronik“ dar: Ein strenger, aus deterministisch, meist algorithmisch komponierten Strukturen bestehender „elektronischer Tonsatz“. Im Kontrast dazu stehen die Arbeiten der „Wiener Schule der elektroakustischen Musik“, bei der oft gestische und aleatorische Ansätze zu den Werken führten. Diese Arbeiten werden mit Stücken weiterer österreichischer Künstler ergänzt. Die Konzerte werden hören lassen, ob sich diese Stücke auch heute noch so rezipieren lassen wie zur Zeit ihrer Entstehung, beziehungsweise zeigen, wie sich die Rezeptionsweise dieser Musik verändert hat.
Die Mehrkanalbeschallungsanlagen als Instrument, welche sich an der damaligen Lautsprechertechnologie orientierten, wurden für spezielle Aufführungsorte entworfen, um diese elektroakustisch zu erschließen. Sie bestanden aus mehreren verteilten „Lautsprechergruppen“, welche sowohl horizontal umschließend als auch vertikal in verschiedenen Höhen den Klangraum erschlossen.
Dabei ging es nicht so sehr um die lineare Abbildung der Werke, sondern viel mehr um Gestaltung und Interpretation von Klang in den Dimensionen von Zeit/Frequenz/(Hall-)Raum und das dabei erzeugte Schallfeld. Die Kasematten am Schloßberg als ein öffentlicher, großer, überdachter „Außenraum“ sind von Mauern mit Laubengängen eingeschlossen, die sich für die Verteilung der Lautsprecher anbieten. Zu den Lautsprechern in den seitlichen Nischen kommen weitere vorne und hinten platzierte Lautsprechertürme mit Basshörnern. Ergänzt werden sie durch zusätzliche Lautsprecher an den Brücken, die den Raum von oben beschallen. Dazu wurde ein spezieller Matrixmixer mit heutiger Technologie entwickelt, welcher nicht so sehr „mischt“ als er „verteilt“. Die Anlage wird in Kooperation mit den aufführenden Künstlern aufgebaut und betreut.
Es soll nicht nur ein Fest für das fünfzigjährige Bestehen des IEM sein, sondern auch diese Kunstform wieder in Erinnerung rufen und eventuell sogar neu beleben.