RSO Wien
© ORF musikprotokoll
RSO Wien Tenney / Haas

09/10/2010 - 19:30
Helmut List Halle
Kompositionen von Georg Friedrich Haas und James Tenney

Europa hat ein Problem: Die Suche nach Verbindlichkeit und die Erweiterung des gemeinsamen Handlungsspielraums bringt Ver­flachung und Verallgemeinerung mit sich. Was wie ein Lamento über heutige Politik klingt, gilt hier aber der Organisation und Stimmung unseres Tonsystems im Laufe der letzten rund sechs­hundert Jahre, der Ordnung der zwölf europäischen Töne zueinan­der. Durch alle uns heute geläufigen Tonarten zu modulieren – also sich in und zwischen ihnen akustisch bewegen zu können, ohne dass es uns gegen den Strich geht –, funktioniert nur, wenn die Intervalle leicht verändert, eigentlich beschädigt, also temperiert werden. So gewinnt man internationale Flexibilität, verliert aber auch das seltsam faszinierende Glänzen, Strahlen und Glitzern der ursprünglich ganzzahlig geteilten Intervallkombinationen. Das diesjährige Konzert des RSO Wien ist Komponisten und deren Wer­ken gewidmet, die sich der Virtuosität des Modulierens verweigern zugunsten einer Virtuosität des nur vorgeblich simplen Klangsinns nichttemperierter Intervalle und Tonsysteme und deren verführe­rischer Emotionalität.

Werke