Kurz nachdem ich den Kompositionsauftrag erhielt, ein Duo für eine tiefe Männerstimme und ein Instrument zu schreiben, startete der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ...
Mir war sofort klar, dass ich nach diesem Ereignis nicht einfach zur Tagesordnung übergehen konnte.
Ich empfand es als wichtig, bei der Textauswahl für das neue Werk darauf zu reagieren.
So sprach ich mit Solomiya Moroz, einer befreundeten kanadisch-ukrainischen Performerin und Komponistin, und fragte sie, ob sie mich in Kontakt mit ukrainischen Schriftsteller:innen aus der queeren Szene bringen könnte. Mit ihrer Hilfe gelang es mir, mit einigen ukrainischen Dichter:innen in Austausch zu treten. Es waren schließlich Iryna Shuvalovas aktuellen Gedichte, die mich besonders ansprachen. Wir standen dann einigen Wochen in Verbindung, kommunizierten über E-Mail und soziale Netzwerke.
Zuletzt schickte sie mir ihr Gedicht if I am not being killed ..., welches schließlich die Textgrundlage für die Komposition wurde. Am Ende des Stücks mischt sich über einen Körperschallwandler, der am Kontrabass angebracht wird, allmählich eine Zuspielung des Gedichts in ukrainischer Sprache mit der Stimme von Iryna Shuvalova hinzu.
if I am not being killed...
Iryna Shuvalova
if I am not being killed
do I have the right
to talk with those who are being killed
as an equal
do I have the right to hurt
if I’m not wounded
or complain
if I haven’t suffered losses
do I have the right
to sleepless nights
if sirens
do not wail here
now death’s proximity
lies on the table between us
like a loaf of bread
with a knife baked into it
if I am not being killed
what can I say
to those
who are
whose language has been cracked open by death
so it no longer resembles itself
now –
we no longer speak
the same language
so
if I am not being killed
do I have the right
to want to hold you
as tightly as
I used to before
when neither of us were being killed.