In der Performance-Kunst gibt es ein besonderes Konzept, das vom Kollektiv Black Market International entwickelt wurde und im Wesentlichen darauf basiert, dass verschiedene Künstler:innen gleichzeitig in einem Raum agieren. Niemand weiß, was passieren wird ‒ die Performances kommen ohne Regie aus. Wenn auch das Geschehen mitunter vom Zufall bestimmt ist oder sich aus einer Improvisation ergibt, so halten dennoch alle Künstler:innen unbeirrt an ihren Ideen und ihrer Art zu performen fest. Sie sind eigenständige Performer:innen, die in ihrem eigenen Raum ihr eigenes Material ausloten. In meinen derzeitigen künstlerischen Erkundungen geht es mir darum, dieses Konzept auch musikalisch umzusetzen.
Der Prozess der Identitätsfindung kann schwierige Fragen aufwerfen, etwa zu unserer eigenen Existenz, unserer Verbindung zur - und Bedeutung für die Außenwelt, unserer Pflicht, die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln und einen Beitrag zur Welt und für unsere Mitmenschen zu leisten. Was natürlich eine ehrliche Auseinandersetzung mit all dem erfordert, was uns beeinflusst und geprägt hat, wie zum Beispiel unsere Familie, unsere Freund:innen oder die Gesellschaft insgesamt. Wenn wir für unsere persönlichen Rechte kämpfen, dürfen wir nicht vergessen, dass wir auch für die Rechte anderer einstehen müssen.
Eine Performerin, die im Begriff ist, ein bestimmtes Material zu entdecken und zu erforschen, muss sich des sie umgebenden Raums bewusst sein. Muss andere Performer:innen, ihr Material und dessen Entwicklung im Auge behalten. Wenn man sich nur auf das eigene Material konzentriert und nicht auf die anderen achtet, kann sich daraus ein narrativer Strang entwickeln, der das Publikum beeinflusst oder manipuliert. Manchmal muss man sich zurücknehmen, „im Schatten bleiben“, um eine andere Performerin zu unterstützen. Dann wieder kann solche Unterstützung das Gleichgewicht stören. In diesem Prozess ist es wichtig, sich der Auswirkungen bewusst zu sein, die ein einzelnes Ereignis haben kann, wie auch der Folgen, die noch gar nicht abzusehen sind.