Treibstoff ist, wie das Hören sofort bestätigt, ein sprechender Titel. Der Hörer betritt das Stück, als würde plötzlich eine Tür aufgestoßen und er stünde inmitten eines Gewimmels von Klanglebewesen, die, weil sie verschieden lange Beine haben, schneller oder langsamer vorwärtsstreben. Es herrscht hektische Betriebsamkeit. Jedes der Instrumente hat eine andere Gangart und die Gleichzeitigkeit aller „Fortbewegungsklänge“ ergibt ein undurchdringlich dichtes Rhythmusfeld repetitiver Figuren.
Der organische Eindruck entsteht durch ein atmendes Tempo aus stetig fluktuierender Beschleunigung und Verlangsamung oder durch vorgeschriebene Imperfektionen des Zusammenspiels. Dass der Vergleich mit Fortbewegungsarten von Lebewesen keine freie Assoziation ist, belegen, neben „Außer-Atem-Geräuschen“, das stimmlich imitierte „Pferdeschnauben“ oder der Partiturhinweis auf „galoppierende Hundepfoten“ um ein Ricochet des Violoncellos genauer zu charakterisieren. Mag der Gestus dem Hasten, Keuchen, Trippeln abgelauscht sein, seinen Sinn hat das Stück nicht in der Kopie der Natur mit anderen Mitteln. Das Stück stellt die Frage nach dem Motiv für blosses Vorwärts: „Was treibt uns an?“
Und was lässt uns anhalten? Nach einem konvulsiven Ausbruch von Klavier und Schlagzeug – der aus dem Klangbild herausfällt – folgt ein abruptes Stehenbleiben: die Instrumente tasten sich vorsichtig voran, als stünden sie im Nebel und könnten nicht einen Schritt weit blicken. Dominiert wird der Abschnitt von einer sehr tiefen Kontrabassgrundierung, diemit einem sehr hohen Rauschen von Geige und Bratsche gefärbt ist: eine Klangkombination, die von der Komponistin „Schnee“ genannt wird. Der Nebel lichtet sich zwar im Folgenden nicht, aber das Ohr sensibilisiert sich und stellt fest, dass die Klanglebewesen intensiv kommunizieren, indem sie Duette bilden oder komplementäre Rhythmen zusammensetzen. Eine vierteltönige Streichermelodie leitet in den Schlussteil, der auf Bewegungsmodelle des Anfangsteils zurückgreift.