Echo (2017) ©  courtesy of Nona Inescu and SpazioA gallery
beat machines
beat machines - Ein Komponist als Bastler und Visionär

Zuerst nannte er sich Geiger, dann Komponist. Und irgendwann konnte Koka Nikoladze, Jahrgang 1989, seinem beruflichen Tun keinen Namen mehr geben. Zu vielseitig, zu unberechenbar ist seine künstlerische Arbeit zwischen traditioneller Komposition, Musikinstrumentenbau, Performance und Installationskunst.

Zunächst beginnt Nikoladze ein Violinstudium in seiner georgischen Heimatstadt Tiflis. Sein Kompositionsstudium führt ihn an die Musikhochschule Stuttgart und die Musikakademie in Oslo. „How to hack performers“ ist das Thema seiner Doktorarbeit in Norwegen, als Fingerübung dafür entsteht sein erstes selbstgebautes Instrument.

Nikoladze bastelt im Bitraf, Oslos größtem Hacker- und Makerspace, einem Ort für kreative Köpfe mit handwerklichem Talent. Do it yourself wird dort zur Lebensphilosophie. Für seine Instrumente nutzt er auch Materialreste, die kreative Köpfe aus Architektur bis Robotik im Bitraf hinterlassen. 2016 baut er aus Sperrholz und Messingstangen die „Beat Machine No. 1“. Sie wird mit einer Handkurbel betrieben. Acht kleine Klangobjekte – darunter Lineal, Zugfeder, Sicherheitsnadel und Gabel – sind auf einem Resonanzkörper befestigt und werden mechanisch zum Klingen gebracht. Bespielt werden diese Objekte über eine Walze, in der Sperrholzzähne stecken. Das funktioniert wie eine Spieluhr-Mechanik: Die Zähne auf der sich drehenden Walze zupfen an den Klangobjekten. Je nachdem, in welchem Abstand man die Zähne auf der Walze verteilt, erklingen verschiedene Rhythmen. Mit dieser Maschine erfüllt sich Nikoladze den Traum von einem mechanischen Sequenzer.

Von da an konstruiert er immer ausgefuchstere Maschinen. Die „Beat Machine No. 2“imitiert ein Drum-Kit. Der Spulenhalter eines Lötkolbens fungiert dabei als Basstrommel, eine mit Sand gefüllte Glasröhre imitiert die Hi-Hat. „Beat Machine No. 5“ nutzt den Klang, den Butangas erzeugt, wenn es aus einer Spritze in kurzen Stößen über die Flamme eines Teelichts geblasen wird. Nikoladze gelingt es damit, den Sound des legendären analogen Drumcomputers Roland TR-808 zu imitieren.

Die Beat Machines klingen nicht nur überraschend und entwickeln ein faszinierendes akustisches Eigenleben, sie sind auch schön anzusehen und funktionieren als optische Kunstwerke. Eine der Musikmaschinen steht heute im Pop Music Museum in Oslo. Die effektvoll montierten Videos der Instrumente sorgen via Internet für weltweite Aufmerksamkeit.

Die Erfahrungen mit den Beat Machines schlagen sich auch in anderen interaktiven Arbeiten von Nikoladze nieder. So erfindet er etwa ein mechanisches Orchester für eine Performance im öffentlichen Raum. Für das Ensemble Resonanz kreiert er das System KOI (Koka’s Orchestra Interface): Notenständer werden dabei mit LED-Lämpchen ausgestattet, über die man gelochte Notenblätter legen kann. Das macht es möglich, von einem Laptop aus, über den man die Lämpchen kontrolliert, das Orchester zu steuern. Dieses Prinzip der Live-Komposition war 2018 erstmals in der Elbphilharmonie zu erleben – und im selben Jahr mit dem Klangforum Wien bei den Donaueschinger Musiktagen. Die Arbeit an klangerzeugenden Maschinen beschäftigen Nikoladze weiterhin. Sein jüngstes Meisterwerk ist eine „Pocket Beatbox“, eine zigarettenschachtelgroße Drum Machine für die Hosentasche, die sich mit den Fingerspitzen bedienen lässt und demnächst in Serienproduktion gehen soll.

Rainer Elstner
Interpret/innen

Konzept, Videos: Koka Nikoladze

Sendung
Termine
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Location
MUMUTH
Installation
Österreichische Erstaufführung
Biografien
Dieses Werk gehört zu dem Projekt:
musikprotokoll 2021 | beat machines