Mallarmé hat seinen Entwurf zur Hérodiade selbst einmal als „Fragment einer szenischen Etüde“ bezeichnet, diesen Untertitel aber dann verworfen.
Ich habe einige Sequenzen aus dem Zwiegespräch zwischen Herodias und ihrer Amme, dem Mittelteil der dreiteiligen Dichtung, herausgelöst und somit einen neuen, monologischen Zusammenhang geschaffen, quasi eine „scène intermédiaire“.
Herodias, die sich in ihrer Sehnsucht nach „sternenfernem Glanz und Diamanthenem“ verzehrt, zerrissen durch den Antagonismus ihrer Sinnlichkeit und ihres extremen Asketismus, ist für mich eine Figur von geradezu surrealer Künstlichkeit. Eine Opferfigur. Ganz und gar sympathisch (in unseren Tagen würde Sie sich wohl als virtuelles Cybergirl präsentieren).
Ihr Gestus zwischen Passion und kreischender Geilheit. Sie gehorcht ihrem dualistischen Prinzip: Einerseits den Abgründen ihrer Leidenschaft ergeben, andererseits auf ihrer spröden, gläsernen Keuschheit beharrend.
Mallarmés Sprache ist so reich an gespenstischen Symbolen, die sein ganzes Werk leitmotivhaft durchziehen (verhängte Fenster, der schwarze Schwan als Todessymbol, abbrennende Kerzen, Morgenrot, Abendrot, verlassene Gärten, ...). Mir assoziierte diese Sprache einen erratischen Klangraum, der durch die kalte Klarheit der Worte zerfurcht wird.
Der Text ist wie eine Gravur in das Material des Klangraumes hinein, dessen Konturen immer wieder zu verfließen drohen, um durch die Impulse des Textes immer wieder neu aufgerissen zu werden. Ich habe versucht, die Perspektive des Textes auszukomponieren, nicht seinen Affekt zu illustrieren. Meine „jardins desertés“, in denen Herodias’ körperlose und traumbildhafte Jungfräulichkeit umherirrt – ihren eigenen Schreien nachlauschend – sind wie „hinter Glas“ warzunehmen; Schattenbilder, Zeichen eines drohenden Unheils ...