Seit vielen Jahren befindet sich der österreichische Komponist Georg Friedrich Haas auf der Suche nach einer Neuordnung altbekannter konsonantischer Klänge. Modulationen im althergebrachten Sinne bleiben ausgespart. Die direkte Nachbarschaft von Tonhöhen wird durch ein harmonisches Aus- und Versetzen neu komponiert. Dabei spielen die mikrotonalen Rückungen durch glissan-dierende Maßnahmen ebenso eine wichtige Rolle wie die Landschaften der Obertonauen.
In seiner Komposition ... für Viola und sechs Stimmen werden diese Obertöne mittels Wandlung und permanenter Vokalformung im Mundraum entfacht: Obertongesang also. Ähnlich wie bei Zimmermann grundiert das sechsstimmige Singen ein Streichinstrument. Hier in diesem Falle die Bratsche, die allerdings ein reichhaltiges solistisches Repertoire auffahren muss, das mit Glissandoeffekten bis zu schwierigen Doppelgriffen den Stimmen „einheizt". Aus zunächst simplen statischen Klangfeldern, die ein tonales Zentrum vorsichtig freilegen, entwickelt sich über kontrapunktische Aktionen eine Art Glissandokadenz der Stimmen, die in ihrem Ambitus allmählich entgrenzt wird. In diesem kontrapunktischen, eher vielleicht polyphonen Geschiebe leuchten die erstaunlichsten Konsonanten hervor. Plötzlich aber versammeln sich die Stimmen auf den Tönen a und c, während die Viola auf der C-Saite durch Bogenwechsel und -druck die darauf sich befindlichen Obertöne hervorbringt. Was dann folgt, ist im bisherigen Komponieren von Georg Friedrich Haas in dieser Stringenz und überraschenden Neusetzung nicht möglich gewesen.