© Höhenrausch 2016
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Engel haben Konjunktur. Längst haben sie den Raum der Kirchen verlassen. Wir finden sie auf Postkarten und in Museumshops, auf Gebäudefassaden und in Baumärkten. Sie bevölkern Internetforen, Zeitschriften und Filme und nun auch den HÖHENRAUSCH. Heutzutage sind Engel oft nur mehr reine Trostspender oder „erscheinen“ in der Rolle eines esoterischen Hilfsgeistes. In der Tat haben die Engel seit der Renaissance viel von der Fremdheit verloren, mit der sie in den alten Mythen ausgestattet waren – ambivalente Zwischenwesen, die keiner Welt eindeutig angehörten. Der HÖHENRAUSCH hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Vielfalt und Widersprüchlichkeit ans Licht zu holen. 30 internationalen Kunstprojekte nähern sich dem Thema auf unterschiedliche Weise.

Musikalische Engel

Auf dem Höhenrausch-Parcours spielt auch der Themenkomplex „Engel & Musik“ eine wichtige Rolle. Die Sphäre der Musik, als Ausdruck einer universalen Sprache, von allen Kultu­ren und Epochen verstanden, wurde kulturhistorisch immer wieder mit dem Engelhaften in Verbindung gebracht. In seinem Essay The Opera (1852) schrieb z.B. der schottische Historiker Thomas Carlyle: „Music is well said to be the speech of angels“, Musik ist das Sprechen der Engel. Dieses „Sprechen“ der Engel wird auf dem Höhenrausch auf unterschiedliche Weise hörbar gemacht.

Die Logik der Engel: Himmelsleiter

So ist auch das musikprotokoll mit dem Projekt Die Logik der Engel beim Höhenrausch 2016 mit dabei. Die Logik der Engel – das ist ferne Vokalmusik aus dem 13. und 14. Jahrhundert und Miniatur-Uraufführungen aus dem Hier und Heute im Spiegelkabinett.  Als Ausgangspunkt für diese spannende Zeitreise mit 6 Männerstimmen dient die Idee einer frühen Logik-Maschine des vor 700 Jahren verstorbenen mallorquinischen Philosophen und Theologen Ramon Llull (1232-1316). Llull beschreibt in seinem Buch Ars magna eine Logik-Maschine, mit der es gelingen sollte,  Wahrheit und Lüge zu unterscheiden. Mittels Drehung dreier mechanischer Scheiben konnten Begriffe kombiniert werden und ergaben so Sätze, die als Gottesbeweis gesehen werden sollten. Mathematiker und Philosophen, wie G.W. Leibniz (1646-1716), bezogen sich auf Llull´s Logik-Maschine und die moderne Computerwissenschaft sieht in ihr ein frühes „generatives System“, ein Vorläufersystem moderner Rechnersysteme, die auf Algorithmen beruhen.

Der Lobpreis Gottes durch Gesang ist die Hauptaufgabe der obersten Engel (Seraphim, Cherubim und Throne). Seit dem Mittelalter sieht man nämlich die Engel in einem hierarchischen Stufenmodell organisiert, genannt die neun „Engelschöre“. Dieser Mengenlehre der Engel bediente sich Ramon Llull – ein mystischer Mathematiker, Philosoph und Theologe – vor über 700 Jahren, auf der Suche nach der Logik: Neun Begriffe sind auf jeder von Llulls Scheiben, seiner Maschine zur logischen Unterscheidung von Wahrheit und Lüge, zu finden.

Anknüpfend an diese Überlegungen aus dem 13. Jahrhundert, wird hier das gleiche Logiksystem benutzt, um Vokalmusik von unterschiedlichen KomponistInnen zu kombinieren. 7 zeitgenössische KomponistInnen wurden eingeladen, kurze Vokalstücke für das Projekt Die Logik der Engel zu schreiben. Das Vokalensemble NOVA hat diese Stücke im ORF Studio eingesungen und mit Musik aus dem 13./14. Jahrhundert erweitert.

Diese Tonaufnahmen bilden das Klangmaterial der Installation. Eine Klangkapsel bewegt sich vertikal entlang des 30m hohen Keine Sorgen Turm. BesucherInnen können Klänge von nah und fern, bzw. von oben und unten geortet, hören – wie auf einer vokalen Himmelsstiege. Die Klangkapsel wird zu einer Art technischem Pseudowesen, zu einem einem „Engelwesen“.

Musik 21.Jhdt.:
Joanna Wozny (PL/AT), Mateu Malondra (ES), Erin Gee (US/AT), Hannes Kerschbaumer (IT/AT), Rudolf Jungwirth (AT), Agata Zubel (PL) & Vito Žuraj (SL).

Musik 13./14.Jhdt.:
Adam de la Halle (FR), Baude Cordier (FR), Philippe de Vitry (FR), Solage (FR) & Anonymus.

Interpreten:
Vokalensemble NOVA (AT)
Colin Mason, Bernd Oliver Fröhlich, Bernd Lambauer, Péter Cser, Gerd Kenda & Ulfried Staber.

Idee: Christian Scheib, Elke Tschaikner, Fränk Zimmer
Konzeption, Realisation: Fränk Zimmer
Eine Auftragsarbeit für den Höhenrausch 2016.
Eine Koproduktion von OÖ Kulturquartier Linz und musikprotokoll im steirischen herbst.

Erfahren Sie mehr zu "Die Logik der Engel":
http://musikprotokoll.orf.at/de/die-logik-der-engel

 

Informationen zum Höhenrausch

Ausstellungsdauer: 21.Mai – 16. Oktober 2016
Eröffnung: Fr, 20.Mai, 18.00 Uhr
Öffnungszeiten: täglich 10.00 – 20.30 Uhr
Info und Führungsanmeldung: www.hoehenrausch.at
info@ooekulturquartier.at
Tel: 0732.784178-52555

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