Recombinant Media Labs (RML)

Das RML CineChamber bietet internationalen KünstlerInnen die Möglichkeit, in neue Bereiche auditiver, visueller und kinematographischer Gestaltung vorzustoßen, und präsentiert ihre Werke in einem exklusiven, multimedialen Environment. Viele namhafte KünstlerInnen, darunter Alva Noto & Blixa Bargeld, Maryanne Amacher, Biosphere, Ryoichi Kurokawa und Christian Marclay, sind der Einladung gefolgt und haben Module für das CineChamber geschaffen.

Recombinant Media Labs ist aus einer Reihe von Experimenten hervorgegangen, beginnend in den 1990er-Jahren mit Sound Traffic Control und ihrem Turm aus Monitoren inmitten Hunderter im Stadtteil Ginza in Tokio platzierter Lautsprecher. Nachdem einige Jahre lang die Verschmelzung von Live-Performances und vorprogrammierten Events symphonischen Ausmaßes betrieben worden war, schloss sich RML mit dem unabhängigen Label Asphodel zusammen, um in zwei Lagerhäusern im Zentrum von San Francisco ein fixes Performance/ Arbeitszentrum einzurichten und dort ihr eigenes Modell eines immersiven panoramatischen Kinos zu entwickeln. Als nächster Schritt folgte die Gründung einer neue Organisation, die sich auf mobile Setups konzentriert, da sich Anfragen von internationalen Museen und Festivals häuften. Im Lauf der Jahre hat Recombinant Media Labs ein erlesenes Archiv von Kunstwerken aufgebaut, es war somit an der Zeit, dieses audiovisuelle Oeuvre der Welt zu präsentieren. Befreit von den Beschränkungen einer örtlich gebundenen Konstruktion, erlaubt dieser nomadische Ansatz, das CineChamber in Zusammenarbeit mit Organisationen auch Künstlerinnen und Künstlern in Städten auf der ganzen Welt zur Verfügung zu stellen. Das Paradigma des CineChamber fördert den Diskurs über den Live-Begriff, werden doch angesichts der virtuellen Wiedergabe von Konzertsituationen grundlegende Fragen in diesem Zusammenhang aufgeworfen, wenn auch nicht immer beantwortet. Die Grenzen von „einmaligen Live-Auftritten“ zu verwischen und die Totalität eines 360-Grad-Sensoriums für ein heutiges und zukünftiges Publikum archivarisch so festzuhalten, dass sie wieder erlebt oder neu entdeckt werden kann, ist ein Teil des Konzeptes von Experiential Engineering, wie es von RML verfolgt wird. Diese wahrnehmungsbestimmte Herangehensweise bezieht auch eine Philosophie der Methoden mit ein und umfasst pädagogische Aspekte genauso wie die Produktionssysteme zur Aufzeichnung und Präsentation von innovativem Content, auf dem zukünftige Generationen aufbauen und den sie „wahrnehmen“ können.

Die Arbeit von RML steht in einer langen Tradition von Panoramakinos, mit denen bereits vor dem 20. Jahrhundert experimentiert wurde. Der direkte Vorläufer ist das 1897 patentierte Cinéorama, das von Raoul Gromoin-Sanson mit zehn synchronisierten und im Kreis angeordneten Filmprojektoren betrieben und auf der Pariser Weltausstellung vorgestellt wurde. Seit damals besteht ein starkes Interesse daran, das Publikum in einen Ozean von Stimuli zu tauchen, ob in Disneyland oder mit dem IMAXSystem, ob im Pepsi Pavillon in Osaka oder mit Lichtshows und verschiedenen 360-Grad-Konfigurationen. Das CineChamber positioniert sich innerhalb dieser Forschungs- und Surround-Aktivitäten als eine Initiative, die das weiterentwickelt, was durch den Einfallsreichtum, den Erfindergeist und die Inspiration jener frühen revolutionären Pioniere in Gang gesetzt
wurde.

Der Code „recombinant“ in Recombinant Media Labs ist ein Begriff, der aus dem Gebiet der Genetik stammt. In diesem Sinne kann „Spatial Media Synthesis“ als ein Prozess verstanden werden, der die Inkubation eines rekombinanten Organismus simuliert und einen elektronischen „Nachkommen“ mit veränderten kulturellen Merkmalen hervorbringt, die nicht zwangsläufig in einem der beiden „Elternteile“ vorhanden waren. Recombinant Media Labs ist mit dem Center for Research in Computing and the Arts (CRCA) an der University of California at San Diego und den Netzwerken ECAS (European Cities of Advanced Sound) und ICAS (International Cities of Advanced Sound) Partnerschaften eingegangen.

Naut Humon
(Übersetzung: Friederike Kulcsar)

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2012