regel:bruch
2.10.‒5.10., Graz
Musik als regel:bruch: Das ORF musikprotokoll 2025 hinterfragt musikalische und perzeptive Ordnungen. Was kann Musik heute sein? Zahlreiche Aufträge an zeitgenössische Musikschaffende zeigen unterschiedliche Möglichkeiten, mit Regeln und Erwartungen umzugehen.
Drei Auftragskompositionen denken die Rolle des Orchesters neu. Der im April 2025 verstorbene Peter Ablinger hat in seinem letzten Orchesterwerk den Klangkörper elektronisch verdoppelt. Sara Stevanović sieht das Ensemble als soziales Konstrukt, und Ailís Ní Ríain schafft als gehörlose Komponistin eine visuelle Klangwelt. Regeln aufstellen, Neuland betreten – das gehört zum Alltag eines Ensembles mit ungewöhnlicher Besetzung. Das 1993 gegründete Aleph Gitarrenquartett erweitert sein Repertoire um spannende Facetten: Anna Korsun, Bernhard Lang, Tristan Murail und Lisa Streich haben Neues komponiert.
In emblemata sonantes. führen Klaus Lang und ĀRT HOUSE 17 durch die Klangwelt des barocken Schlosses Eggenberg. Dabei verweben sie historische Instrumente mit moderner Interpretation. Das Ensemble Cantando Admont und die Grazer Keplerspatzen verbinden in Junge Stimmen alte und neue Vokalmusik zu einem partizipativen Konzerterlebnis. Wir präsentieren zwei Klanginstallationen von Peter Ablinger und Winfried Ritsch, die sich gegenseitig gewidmet haben. In beiden bilden langsame Glissandi und Obertonschwingungen den Gravitationspunkt, um den unser Hören kreist.
Die meisten Regelsysteme, die im Laufe der Geschichte entworfen wurden, um Klang besser fassen zu können, basieren auf der normierenden Perspektive der Hörenden. „Doch was ist Taubheit, wenn nicht eine andere Form der Wahrnehmung?“, fragt Marco Donnarumma, der selbst spätertaubt ist, mit seinem Projekt I Am Your Body. Auch Laikka und David Obermaier aka silentbeat erweitern mit ihrer ersten gemeinsamen Komposition den Musikbegriff grundlegend.
Den Bruch mit dem Erwartbaren wagt auch Marko Ciciliani mit seinem transmedialen Projekt BAROGUE: Barocke Üppigkeit trifft auf digitale Exzesse, die die Sinne herausfordern. Ciciliani bezieht sich auf Johann Joseph Fux’ Lehrwerk Gradus ad Parnassum, das vor genau 300 Jahren erschienen ist. Emanuel Gollob entwirft eine Performance an der Schnittstelle von Tanz, Klangkunst und Robotik, in der Mensch und Maschine durch Hören, Fühlen und Bewegen auf Augenhöhe neue Beziehungsformen erproben. Daniel Lercher und Sabine Maier erschaffen in einer raumgreifenden Installation und Live-Performance eine Umgebung, die nicht fordert, sondern aufnimmt. Eine Einladung zum Verschwinden – in ein Feld aus Schwingung, Schatten und Stille.
Beim Wettbewerb phonoECHOES und der Student 3D Audio Production Competition erkunden Künstler:innen neue Dimensionen audiovisueller Kunst und 3D-Audio-Computermusik. DeComposing the Archive hinterfragt koloniale Wissensordnungen und schafft neue Erzählräume. Das Café Wolf ist auch heuer wieder die Late-Night-Bühne des Festivals. Den Abschluss bildet Ui-Kyung Lees mit dem Johann-Joseph-Fux-Preis ausgezeichnete Kammeroper Nachhall. Hier wird eine verlassene Wohnung zum Erinnerungsraum, in dem Klänge zwischen Traum und Wirklichkeit widerhallen.
Kuratiert von Rainer Elstner, Susanna Niedermayr und Fränk Zimmer
Leitung: Elke Tschaikner
Produktion: ORF Radio Österreich 1 und ORF Steiermark
In Koproduktion mit steirischer herbst ʼ25
In Kooperation mit ACOM – Austrian Composers Association, Café Wolf, esc medien kunst labor, ICAS – International Cities of Advanced Sound, IEM – Institut für Elektronische Musik und Akustik, Institut 1 für Komposition, Musiktheorie, Musikgeschichte und Dirigieren der KUG – Kunstuniversität Graz, Ö1 Kunst zum Hören, PPCM – Performance Practice in Contemporary Music Instrumental und Vokal, SHAPE+ Sound, Heterogeneous Art and Performance in Europe, Sounding Future, VDT – Verband Deutscher Tonmeister*innen, Vokalensemble der KUG – Kunstuniversität Graz, equalizent Schulungs- und Beratungs GmbH, Graz Museum, Neue Galerie Graz.
Einzelprojekte wurden gefördert von Land Steiermark, "Creative Europe"-Programm der Europäischen Union, Stadt Graz, Steiermärkische, VGR – Verwertungsgesellschaft Rundfunk, SKE Fonds und dem Bundesministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport.