musikprotokoll 2024

Spaces of Freedom

3.10.‒6.10., Graz

Freiräume sind Möglichkeitsräume. Musik als Ausdrucks- und Unterhaltungsform braucht diese Räume, um entstehen zu können. Das ORF musikprotokoll 2024 fragt: Was macht eine Einschränkung und Erweiterung von Freiräumen mit Musik, ihren Urheber:innen und nicht zuletzt mit uns als Hörer:innen? Wir möchten thematisieren, wie gesellschaftspolitische Bedingungen, künstlerische Herangehensweisen und die immer präsenter werdende künstliche Intelligenz (KI) Freiräume in musikalischen Kontexten ermöglichen. Dafür haben wir zahlreiche Kompositionsaufträge vergeben, in denen die Komponist:innen den Faden aufnehmen und mit sehr unterschiedlichen Zugängen selbstgeschaffene Freiräume erkunden. 

Musikalische Einschränkungen sind oft gewollt und ein wesentlicher Bestandteil komponierter Musik. Beim ORF musikprotokoll 2024 lotet das ORF Radio-Symphonieorchester Wien mit über achtzig Musiker:innen in einem stilistisch vielfältigen Konzert Grenzlinien aus. Seit zwanzig Jahren entwickelt Winfried Ritsch seinen 88-stimmigen, rasend schnellen Automatenklavierspieler weiter. Das Grazer Ensemble Zeitfluss lässt sich als erstes Ensemble auf dieses Mensch-Maschine-Abenteuer ein. Zwischen KI, scheinbar endlosen Schleifen und der Poesie von Luftballons tänzeln die Kompositionsaufträge für PHACE. Im Zentrum steht die Frage: Wie wirken sich KI, Robotik und Virtual Reality auf die Freiheiten aktuellen Komponierens aus?

Das Splitter Orchester und das Trondheim Jazz Orchestra untersuchen im Musik- und Forschungsprojekt (Musical) Improvisation and Ethics die Dynamik des gemeinsamen Musizierens. Die älteste Kirche von Graz, die Leechkirche, ist Ausgangspunkt einer akustischen Forschungsreise durch Elisabeth Schimanas Komposition Virus, die gleichzeitig zur persönlichen Positionierung in Zeiten gesellschaftspolitischer Umbrüche aufruft. Die von Schimana elektronisch generierten Klänge werden von Musiker:innen des Black Page Orchestra in Echtzeit interpretiert. 

SHAPE+ bietet einen Einblick in die jüngsten Entwicklungen europäischer Szenen. Drei Künstler:innen aus dem Pool unseres langjährigen EU-Festivalnetzwerks werden über den Festivalzeitraum hinweg ihre Musik präsentieren. In zwei SHAPE+ Artist Residencies schaffen Künstler:innen aus dem befreundeten Ausland mit jeweils zwei lokal verwurzelten Kunstschaffenden neue Werke.

Auch dreißig Jahre nach seinem Tod prägt Hermann Markus Preßl als mystische Figur die Grazer Musikszene. Studierende der Kunstuniversität Graz huldigen seinem Werk in einem außergewöhnlichen, fünfstündigen Konzertabend mit dem Titel Das heilige Nichts. Das Publikum lauscht sitzend, liegend und flanierend der Musik dieses Ausnahmekomponisten.

Alles beginnt mit dem Hören. Die Kunstuniversität Graz untersucht in einer eigenen Workshop-Reihe, wie durch das konzentrierte Hören von Musik eine spezifische Erlebnis- und Handlungsqualität entsteht, die die Aufführungssituation für alle Beteiligten nachhaltig verändert. Bei den ARTikulationen gehen Künstler:innen und Wissenschafter:innen der Frage nach künstlerischen Einschränkungen, Erkenntniswegen und unkonventionellen Spielräumen beim Experimentieren im Rahmen künstlerischer Forschung nach.

Diese Festivalausgabe hat darüber hinaus noch vieles mehr zu bieten: einen live Ö1 Klassik-Treffpunkt; die Präsentation der prämierten Werke der Student 3D Audio Production Competition 2024; eine Late-Night-Musikschiene in der Grazer Innenstadt; eine Buchpräsentation zu Olga Neuwirth; ein „antilinguistisches Trauerspiel“ des Styria-Artist-in-Residence Ruhail Qaisar, der aus dem nordindischen Himalaja in die steirische Landeshauptstadt gereist ist; die Performance game over, in der Christof Ressi das künstlerische Potenzial von Computerspielen erkundet; ein Konzertnachmittag mit der ukrainischen Sängerin und Pianistin Viktoriia Vitrenko, der zeigt, wie tief sich Krieg in die politischen, sozialen und kulturellen Ebenen einer Gesellschaft einschreibt.

 


Kuratiert von Rainer Elstner, Susanna Niedermayr und Fränk Zimmer
Leitung: Elke Tschaikner
Produktion: ORF Radio Österreich 1 und ORF Steiermark
In Koproduktion mit steirischer herbst ʼ24

In Kooperation mit Artistic Research Center der mdw  – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, Institut für Kunst- und Musikwissenschaft der Universität Graz, Café Wolf, CTM Festival, esc medien kunst labor, ICAS – International Cities of Advanced Sound, IEM – Institut für Elektronische Musik und Akustik, Institut 1 für Komposition, Musiktheorie, Musikgeschichte und Dirigieren der KUG – Kunstuniversität Graz, Klangforum Wien, Music Biennale Zagreb, PPCM  Performance Practice in Contemporary Music Instrumental und Vokal, Institut für Schallforschung der ÖAW – Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Künstlerisch-Wissenschaftliche Doktoratsschule der KUG, Ö1 Kunst zum Hören, ÖGZM – Österreichische Gesellschaft für zeitgenössische Musik, Österreichischer Wissenschaftsfonds FWF, SHAPE+ Sound, Heterogeneous Art and Performance in Europe, Sounding Future, VDT – Verband Deutscher Tonmeister*innen, Vokalensemble der KUG.

Unterstützt von AVL Cultural Foundation, Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, „Creative Europe“-Programm der Europäischen Union, Land Steiermark, Stadt Graz, SKE Fonds, VGR – Verwertungsgesellschaft Rundfunk.