Bis vor kurzem habe ich mich, wie vermutlich jede Komponistin, von verschiedenen Dingen inspirieren lassen. Da aber alles politisch ist, muss ich mich mit dem Ausbruch des Krieges auch als Künstlerin klar positionieren. Zu gern nur würde ich mich vom Krieg distanzieren und mein Leben weiterführen, doch leider gibt es für mich nur mehr ein „Davor“ und ein „Danach“.
Meine Musik ist nunmehr eine persönliche Reflexion über die Ereignisse in der Ukraine. Meine Reflexion über den Verlust von Menschen, die mir nahestanden. Meine Reflexion über Morde, Vergewaltigungen, die Folterung von Zivilist:innen und Kindern. Über die Zerstörung von Baudenkmälern, Schulen und Spitälern. Über den täglichen Fliegeralarm. Über den Einsatz nahezu aller laut Genfer Konvention verbotenen Waffentypen durch Russland. Über völlig zerstörte Städte. Über den nuklearen Terror, der mit den Atomkraftwerken Tschernobyl und Saporischschja betrieben wird. Über verbrannte Getreidefelder auf ukrainischem Boden. Über eine künstlich herbeigeführte Hungersnot.
Über den Genozid an der ukrainischen Bevölkerung durch Russland.
Ich kann dazu nicht schweigen oder so tun, als ob nichts geschehen wäre, und einfach weiterleben wie davor. Solange der Krieg andauert, werde ich nicht aufhören, sondern jede Gelegenheit ergreifen, darüber zu sprechen, gibt es doch nichts Wichtigeres als ein Menschenleben.
Es ist eine Wunde der ukrainischen Nation, die noch Generationen lang weiterbluten wird. Und jeder Russe, jede Russin, alle tragen ‒ unabhängig von ihrer politischen Einstellung ‒ die kollektive Verantwortung für das, was gerade in der Ukraine passiert.
*„zemlya“ (ukrainisch), auf Deutsch „Erde, Boden, Land“