Indígena
Tania León
Indígena

Geboren und aufgewachsen ist Tanja León (*1943) in Havanna, in einem musikalisch ausgesprochen vitalen und vielfältigen Umfeld. Mit fünf Jahren begann sie Klavier zu spielen und machte bereits mit 17 Jahren ihren Abschluss. Sie wollte Pianistin werden, doch die Aussichten darauf waren in Kuba eher bescheiden. So stieg die 23-jährige Tania León eines Tages in ein Flugzeug und flog über Miami nach New York, wo sie - der Zufall wollte es so - am Dance Theatre of Harlem zunächst als Begleiterin, später als musikalische Direktorin arbeitete. Dort kam sie mit vielen bedeutenden Künstler:innen in Kontakt, tauchte in die musikalischen Sprachen der Moderne ein und begann, bei Ursula Mamlok an der New York University Komposition zu studieren. Allerdings musste sie schnell feststellen, dass es für eine farbige Komponistin wie sie alles andere als leicht war, in der männlich und weiß dominierten Neuen Musik Fuß zu fassen. Der Wendepunkt kam dann mit der Rückkehr in ihre Heimat im Jahr 1979: „Ich spürte, dass plötzlich viele Erinnerungen, die ich über Jahre verdrängt hatte, lebendig wurden. Ich hörte all die vertrauten Klänge meiner Kindheit wieder.“ Ein Stück, in dem die Komponistin auf besondere Weise Kindheitserinnerungen wachwerden lässt, ist Indígena. Es entstand 1991 und ist inspiriert von der Musik der Comparsa; Musikgruppen also, die während des Karnevals maskiert durch die Straßen ziehen, ausgelassen feiern und dabei eine Art musikalischen Wettstreit um die beste musikalische Performance ausrichten. „In den Comparsas gibt es immer einen Gewinner, und der König der Comparsas ist die Trompete“, sagt Tanja León. Das europäisch geschulte Ohr mag sich vielleicht an die Concerto grosso-Tradition erinnert fühlen, in dem es ja auch um einen Wettstreit der Instrumente geht. Doch anders als in diesen maßvoll gesetzten Konzerten ist die comparsa in Indígena stilistisch ungleich bunter und ausgelassener.

Ellen Freyberg
Interpret/innen

Ensemble Modern
Dirigent: David Niemann

Kooperationen

Unterstützt von der VGR – Verwertungsgesellschaft Rundfunk.

Termine
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Location
Helmut List Halle
Konzert
Dieses Werk gehört zu dem Projekt:
musikprotokoll 2022 | Ensemble Modern