Bashō
Bashō für Sopran und Gitarrenquartett

Meine Skizzen sind meist überladen mit langsamen, leisen, fragi­len Klängen, die kaum hörbar und doch unergründlich sind. Dieser Ansatz wird von mir auf die Spitze getrieben, wenn ich eine Gitarre in den Händen halte. Das Reich der Obertöne, der gedämpften Klänge, der zarten Nuancen ist grenzenlos und zieht mich vor allem dann in seinen Bann, wenn mein rechtes Ohr fast an den Saiten klebt.

Der anspruchsvollste Teil meiner kompositorischen Arbeit besteht somit darin, in diesem „Wasserläufer­-Raum“ für Balance zu sorgen, ohne dabei auf Naheliegendes wie hektisches Spiel und schnelle Tempi zu verfallen. In Bashō für Gitarrenquartett entwickelte ich antonyme Spieltechniken: gedämpftes fortissimo, dunkle Obertö­ne, langes Nachklingen durch kurzes, sehr schnelles Anschlagen, schleppend beschleunigendes Spiel.

Das Gitarrenquartett wird als ein Instrument betrachtet – nach ausgiebigem Hoquetieren, gefolgt von Unisonospiel (mit speziellem Augenmerk auf ein langes Ausklingen der Töne, um auch deren Aura hörbar zu machen), klingt das Ensemble schließlich beim Stretto-Kanon wie ein Instrument mit elektrischem Delay.

Die G­-Saite jeder Gitarre wird um 31 Cent runtergestimmt, um die durch natürliche Flageoletts erzeugte schillernde Harmonik vom 6. bis zum 9. Oberton (von A) zu erreichen wie auch andere mikrointer­vallische Möglichkeiten zu eröffnen.

Titel und Stimmung des Stücks (pur, schlicht, fragil, träumerisch ent­rückt, positiv) stellen einen Bezug zu den klassischen japanischen Haikus von Mutsuo Bashō­  aus dem 17. Jahrhundert her. Fünf davon wurden zu drei einfachen Liedern für Sopran verarbeitet und sind nahezu unbegleitet auf Englisch zu singen. In dieser Form umrahmen die kurzen Lieder zwei ausgedehnte Sätze für Gitarrenquartett.

Prelude:
In plum flower scent
the sun appears, pop!
the mountain path
Interlude (triple­haiku):
 Decked in a cypress hat
for the shrine
morning dew
A silver coin
 for clams
moon on the sea
Old pond
frog
plop!

Postlude:
A silver coin for clams
a silver coin
a silver
For clams a silver coin
a silver coin
a silver
moon on the sea
sea in the moon
moon
noom
moon

Martin Smolka
Interpret/innen

Aleph Gitarrenquartett
Wolfgang Sehringer, Gitarre
Tillmann Reinbeck, Gitarre
Andrés Hernandez, Gitarre
Christian Wernicke, Gitarre
Daisy Press, Sopran

Termine
Location
Helmut List Halle
Konzert
Uraufführung
Dieses Werk gehört zu dem Projekt:
musikprotokoll 2016 | Aleph Gitarrenquartett