10/10/2015
Auf Basis der sogenannten „Improvisationen“ von Giacinto Scelsi nähert sich der Musiker Uli Fussenegger der Welt des italienischen Komponisten an. „Scelsi, c’est moi“, so lautete 1989, ein Jahr nach dem Tod von Giacinto Scelsi, eine Schlagzeile der italienischen Musikzeitschrift Il Giornale della Musica. Der Komponist Viero Tossati, der in den letzten Lebensjahren von Scelsi Notationen für ihn anfertigte, behauptete, die Kompositionen von Scelsi seien eigentlich die seinen. Daraufhin entbrannte ein Streit über Original und Autorenschaft, der die Musikwelt beschäftigte.
Scelsi, lange einer größeren Öffentlichkeit kaum bekannt, wurde in Insiderkreisen schnell zum Idol. Bereits in den 1970er-Jahren gab das italienische Ensemble von Ennio Morricone, Gruppo di Improvvisazione Nuova Consonanza, ein Ommagioa Scelsi heraus. Die Ensemblemitglieder hingen der Utopie einer spontanen Komposition während experimentellen Musizierens nach, mit der Hommage huldigten sie dem Eigenbrötler Scelsi und seiner musikalischen Vorgabe. Diese beiden historischen Ereignisse beruhen auf der von Giacinto Scelsi gepflegten sehr speziellen Art, sich in und innerhalb eines Klangs, eines Tons zu bewegen und diesen zu phrasieren, zu gestalten. Auch heute noch üben die Mitschnitte der sogenannten „Improvisationen“, die Scelsi auf der Ondiola eingespielt hat, eine hypnotische Faszination aus. Uli Fussenegger hörte im Archiv der Fondazione Isabella Scelsi in Rom diese alten Tonbänder, näherte sich danach behutsam wie respektvoll dieser Scelsi-Welt und findet nun gemeinsam mit seinen Mitmusikern zeitgemäße Wege durch diesen Zauberwald an eintönig Vielklanglichem und vieltönig Einklanglichem.