Xylographies
Xylographies für großes Ensemble

Yin und Yang stehen in der chinesischen Philosophie für das dynamisch-dualistische Prinzip, das dem gesamten Universum zugrunde liegt und in allem, was unser Dasein betrifft, zum Ausdruck kommt. Gegensatzpaare wie Mann und Frau, gut und böse, heiß und kalt transportieren jedoch auf den ersten Blick lediglich einen Bruchteil der Bedeutungsaspekte dieses Prinzips und dürfen nicht ausschließlich als Antagonismen verstanden werden. Da nämlich nichts ausschließlich schwarz oder weiß ist, enthält Yin stets einen Tropfen Yang und umgekehrt – das eine kann es nicht ohne das andere geben, wie auch beide fließend ineinander übergehen.

Um für diesen Zyklus ein Werk zu schaffen, das einen Bezug zum Element „Holz“ herstellt und die chinesische Philosophie zum Ausgangspunkt hat, entschied ich mich dafür, das Thema sozusagen wörtlich zu nehmen. Meine Komposition folgt somit in weiten Teilen dem Prinzip von Yin und Yang: hohe und tiefe Töne, laut und leise, himmlisch oder „erdig“, wobei diese Begriffspaare jedoch nicht nur gegensätzliche, sondern immer auch sich ergänzende Qualitäten bezeichnen.

Was Konzeption und Umsetzung betrifft, besteht das verwendete musikalische Material überwiegend aus „Holzklängen“, die sich in energetischen Transformationsprozessen ständig in andere Elemente verwandeln. Das Tonmaterial beruht aber nicht zwangsläufig und ausschließlich auf Streicherklängen, sondern wird im Spiel des gesamten Ensembles prozesshaft entwickelt. Am deutlichsten manifestiert sich dieser Prozess der Wandlung im Klavier, das manchmal als „Holzblock“, manchmal als Saiteninstrument fungiert, dann wieder zu einem Metallinstrument, ja sogar zu einer „Feuerstelle“ wird und dementsprechende Klänge produziert.

Bei den einzelnen Teilen des Werkes war mein besonderes Augenmerk darauf gerichtet, die Klangfarbe des Ensembles ständig zu verändern und – mit „Holz“ als Orientierungspunkt und Fokus – eine kreative Reise zu unternehmen: vom Wasser zum Holz, vom Holz zum Feuer und Metall, um schließlich im letzten Teil des Werkes zur Erde und zum Menschen zu gelangen, wobei alle Klänge und Timbres auf höchst poetische Weise noch einmal ausgebreitet werden. In gewisser Hinsicht könnte dieses Werk als ein Holzschnitt interpretiert werden, dem die eigentliche Bedeutung des gesamten Projektes eingeschrieben ist.

Evis Sammoutis - Übersetzung: Friederike Kulcsar
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Evis Sammoutis, Klangforum Wien © ORF musikprotokoll
Interpret/innen

Evis Sammoutis (CY) Komposition

Klangforum Wien (A)
Jean-Michaël Lavoie (F) Dirigent
Rebecca Lenton Flöte
Markus Deuter Oboe
Bernhard Zachhuber Klarinette
Lorelei Dowling Fagott
Christoph Walder Horn
Anders Nyqvist Trompete
Andreas Eberle Pausaune
Annette Bik Violine
Gunde Jäch-Micko Violine
Dimitrios Polisoidis Viola
Benedikt Leitner Violoncello
Uli Fussenegger Kontrabass
Björn Wilker Schlagwerk
Florian Müller Klavier

Termine
Location
AK Kammersaal
Konzert
Österreichische Erstaufführung
Dieses Werk gehört zu dem Projekt:
musikprotokoll 2013 | Klangforum Wien / Unirsi al cielo