Satz für Streichtrio op. post.
Satz für Streichtrio op. post.

„Als ich aus dem Krieg kam, war ich von einer ungeheuren Neugierde nach Musik besessen und verschlang täglich studierend gewaltige Mengen ... dabei stieß ich auch auf die Geigenstücke von Webern. Innerlich damals noch weit weg von der Wiener Schule, war ich weniger fasziniert als erstaunt, dass es so etwas gab ....“ (Friedrich Cerha). Cerhas frühem Erstaunen ist eine lebenslange Auseinandersetzung mit den Werken der Wiener Schule und insbesondere mit der Musik Anton Weberns gefolgt, die ihren Niederschlag auch in zahlreichen künstlerisch editorischen Projekten – wie der Rekonstruktion des 3. Akts von Bergs Oper Lulu – fand und der wir 1969 diese Herstellung des 3. Satzes von Weberns Streichtrio op. 20 verdanken.

„Mein Trio ist fertig. Es hat doch nur 2 Sätze. Was ich Dir neulich schon andeutete, ist also eingetroffen. Es war mir schwer von dem geplanten 3. Satze mich zu trennen. Aber es konnte nicht anders sein.“ So unterrichtet Webern im Sommer des Jahres 1927 Alban Berg von der Fertigstellung seines Streichtrios und begründet dabei das Verwerfen des geplanten 3. Satzes zugleich als innere Notwendigkeit. Fünf engbeschrieben Seiten mit Skizzen, rund 31 Takte, sind geblieben, wobei viele Passagen, in zwei, drei oder mehr Versionen notiert, das Stück in seinem statu nascendi zeigen und Einblicke in Weberns kreativen Schaffensprozess ermöglichen. Formal lassen sich dabei 4 Abschnitte („Sehr lebhaft“, „Sehr gemächlich und zart“, „[sehr]lebhaft“ – „sehr ruhig“) unterscheiden.

Formale und strukturelle Aspekte haben lange auch die Rezeption von Weberns op. 20 dominiert, das als Beginn des dodekaphonischen Schaffens zugleich einen wichtigen Wendepunkt in seinem Werk markiert: Weberns Auseinandersetzung mit traditionellen Formmodellen, auf die bereits Erwin Stein im Vorwort zur Erstausgabe des Trios von 1927 verwiesen hat, oder Verfahrensweisen wie die Imitationstechnik, die phasenweise auch im 3. Satz zum Einsatz gelangt, den Roger Smalley als eine mögliche Sonatenform interpretiert.

Andere Deutungsebenen eröffnen hingegen Julian Johnson, der auf den semantischen Gehalt von Weberns Musik und insbesondere auf die Bedeutung seiner Naturerfahrung aufmerksam gemacht hat, oder Andreas Krause, der Weberns Kammermusik unter den Titel Miniatur und Geräusch betrachtet und seine Überlegungen mit einem Verweis auf Luigi Russolos L'arte dei rumori (Die Kunst der Geräusche) eröffnet. Denn in Weberns akribischen Vortragsbezeichnung, seinem gezielten Einsatz von Spieltechniken zeige sich die bewusste Erweiterung des klanglichen Ausdrucks um zusätzliche Geräuschqualitäten. Eine solche Hörweise erlaubt es, Weberns Musik auch in Bezug zu Themenbereichen der künstlerischen Auseinandersetzung des aktuellen musikprotokolls zu setzen.

Gregor Kokorz
Audiodoku
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"Satz für Streichtrio op. post." / Trio Zebra © ORF musikprotokoll
Interpret/innen

Anton Webern (A) Komposition

Trio Zebra (A)
Ernst Kovacic (A) Violine
Steven Dann (CA) Viola
Anssi Karttunen (FIN) Cello

Termine
Location
AK Kammersaal
Konzert
Dieses Werk gehört zu dem Projekt:
musikprotokoll 2013 | Trio Zebra