Fletch
Fletch (2012) für Streichquartett

fletch /flɛtʃ/
Subst. (Bogenschießen): am Pfeil angebrachte Feder, die Einfluss auf sein Flugverhalten nimmt; Befiederung am hinteren Ende des Pfeilschafts, die zur Stabilisierung der Flugbahn dient.

[me. aus afrz. flech(i)er aus fleche = Pfeil. ae. -flycge, wie in unflycge = unfledged = ungefiedert, nicht flügge]

Fletch ist ein furioses, unablässiges Erforschen eines mit einer bestimmten körperlichen Geste verbundenen  Klangfragments. In ihrer reinsten Form ist diese elementare klangliche Geste ein mit Aufstrich sul ponticello zu spielender doppelharmonischer Triller, oft mit einem schnellen glissando und rasch aus dem Nichts zum fortissimo anschwellend. Dieses Klangfragment ist fesselnd, unmittelbar und präsent, aber seinem Wesen nach auch instabil und unberechenbar. Wieder und wieder bringt der Bogen den schnellen, quasi-mechanischen, manisch trillernden Klang zum Vorschein, der unter der Oberfläche der Stille verborgen liegt.

Das Einsetzen von „Stille“ ist genauso wichtig wie die tatsächlich komponierten Töne. „Stille“ ist ein aktives kompositorisches Mittel, schafft doch das Umrahmen einer Geste erst jenen Raum, in dem Klänge gehört werden. In gewisser Weise macht ein Klang die Stille hörbar – oder zumindest das, was wir für „Stille“ halten –, vergleichbar dem Licht, das die Dunkelheit sichtbar macht. Der Akt des Komponierens setzt den Klang in Bewegung, zieht ihn unter dieser Oberfläche der „Stille“ hervor, macht sichtbar.

Oberfläche, Gewicht und das Spüren gehören zur Realität des musikalischen Spiels: das Gewicht des Bogens auf der Saite, die Differenzierung der Berührung des Fingers der linken Hand auf der Saite … Das Gewicht eines Klanges zu spüren ist auch ein wesentlicher Teil des kompositorischen Prozesses. Für mich ist die innere Materialität des Klanges von grundlegender Bedeutung – das Wissen um den Charakter und die Geräusche eines Instruments, das Ausloten der Farbfragmente innerhalb einer begrenzten und reduzierten Farbpalette, das Erforschen der ein Klangfragment hervorbringenden körperlichen Geste.

Rebecca Saunders (Übersetzung: Friederike Kulcsar)
Interpret/innen

Paul Archbold (GB) Komposition

Arditti Quartet (UK)
Irvine Arditti, Violine
Ashot Sarkissjan, Violine
Ralf Ehlers, Viola
Lucas Fels, Violoncello

Kooperationen

Die Komposition von Rebecca Saunders ist ein Auftragswerk von musikprotokoll & Wigmore Hall.

Termine
Location
herbst Camp – Black Cube
Konzert
Uraufführung