Schwerefeld mit Luftabdrücken
Schwerefeld mit Luftabdrücken - Ein Atlas des Regens und des Windes

Wenn es nicht allzu stark regnete, konnte ich mich zwischen den Regentropfen durchschlängeln. Nicht um dauerhaft trocken zu bleiben, sondern um der Wendung der Natur ins Nasse eine Geschicklichkeit entgegenzusetzen, ein Spiel, in dem man sich theatralisch geschlagen geben konnte beim ersten Treffer - so ähnlich wie das Meiden der Fugen beim Gehen am Straßenpflaster. Der Regen hatte keinen Zeitverlauf. Er war keine Bewegung von oben, sondern eher ein Wald aus pulsierenden Tropfenketten, aus dünnen Wasserstäben, auf denen die Wolken in der Gegend standen oder langsam herumgingen, flüssige Tausendfüßler, die ihre Beine wie Radioantennen einziehen konnten, wenn sie etwa Häuser überquerten - wodurch die Wolken an solchen Hinder­nissen nicht hängen blieben oder kippten. Wo es auf Wasser regnete, richteten sich entrüstete Stielaugen auf.

Die einzelnen Tropfen fielen sehr ordentlich hintereinander in unsichtbaren, von den ersten von den Wolken bis zur Erde gebohrten Kanülen herab. Man bekam darin keine Luft. Direkt hinter einem Tropfen zu atmen, die Nase in so eine Säule aus Nichts zu schieben, hätte bedeutet, gefährliches Vakuum einzuatmen - eine Zeitlang zumindest, bis der Tropfenkanal wieder vom Wind verwischt war. Für diese Heilung des regenperforierten Raums sorgten die nassen Bäume. Sie setzten die Luft in Bewegung, oft mit nur wenigen oder den meisten Blättern fächelnd, manchmal aber auch als ganzer Baumkörper den Wind herauswürgend oder formiert eine richtig gehende Waldperistaltik vollbringend. Im Winter war der Wind stechender, weil er nur von Nadelbäumen gemacht wurde.

Da ich den Wind zum Segeln nicht zu nutzen wusste, bin ich auf dem Weltkartenetikett eines Teepäckchens über den Ozean geschwommen. Wegen Kartoffeln. Fliegen könnte ich auch, die Luft trägt mich aber nicht.

Interpret/innen

Georg Nussbaumer, Inszenierung
Renée Stieger, Künstlerische Assistenz
Sabine Wiesenbauer
Michael Markaritzer
Thomas Bernhardt, Licht
Sandra Sorger
Tobias Amann
Jakob Roszkopf
Reinhard Kaplanski
Jakob Kramer
Ernst Podolan
Renée Stieger
Teresa Katharina Binder
Alain van Bossche
Sigrid van Bossche
Fritz Neuhold
Herbert Staber
Christoph Staber
Natascha Bradler
Susanne Wetzelberger
Clemens Krottmayr, Regen/Fallende Objekte
Markus Reuter
Freddy Lenz
Florian Roszkopf
Jan Bönisch
Josef Schmelzer-Ziringer
Michael Kraxner
Martin Krienzer
Wolfgang Lechner, Windmaschinen
Franz Quirchtmayr
Freddy Lenz, Schweissarbeiten

Termine
Location
Helmut List Halle
Performance
Uraufführung
Dieses Werk gehört zu dem Projekt:
musikprotokoll 2006 | Georg Nussbaumer