Epigraphe, ein Konzert für die ungewöhnliche Besetzung Akkordeon und großes Orchester, wurde durch den Tod von Luciano Berio im Mai 2003 angeregt. In Epigraphe versucht Jarrell, dem Leichten und Flüssigen innerhalb einer Konstellation Raum zu schaffen, die von dem Kontrast zwischen Masse und Subjekt bestimmt ist. Die Beobachtung, dass es in der Natur keine vollkommen geraden Linien gibt, sondern jede Form von Entwicklung durch Unregelmäßigkeiten und Abweichungen bestimmt ist, wurde maßgeblich für die Gestaltung von Epigraphe.
Die letzten beiden Minuten von Epigraphe beschränken sich auf eine Textur nahe am musikalischen Stillstand. Über einem langsamen Puls des Templeblocks spielt ein fahles Ensemble aus japanischen Rins, Kontrabass-Flageolets, tiefen Piccolo-Flöten und stark gedämpften Trompeten nur drei Töne. Darunter spinnt das Akkordeon zarte Klangfäden am Rand des Verstummens: eine klangliche Metapher für das Sich-Entziehen in die Leblosigkeit. Wie ein sterbender Mensch, der im Koma liegt: auch wenn sein Herz noch schlägt, glauben die Angehörigen zu spüren, dass er sich bereits von ihnen entfernt hat.