Es fällt mir immer schwerer, über meine Musik zu schreiben, da die Werke mehr und mehr Suchaktionen zu werden scheinen. Bei „Balztanz und Fahneneid" war ich ursprünglich auf der Suche nach einem „ Solostück ", es ist aber eine Musik entstanden bzw. gefunden worden, die einen Großteil ihres Inhalts aus den wechselnden Beziehungen zwischen der Solo-Bratsche und dem „Ensemble" (einem tiefbesetzten Streichquartett) gewinnt.
Führt nun der Solist einen Monolog oder führt er das Ensemble? Kommentiert, unterbrochen, kontrapunktiert, angegriffen - wenn die anderen sein Staren-Lied wiederspiegeln, ist das als Mokieren oder als „Objektivieren " zu verstehen? Diese Geige, mit der er sogar ein kurzes „Liebesduett" (T. 144- 145) spielt, ist sie nur Phantasie, oder Projektion, oder - ? (Auf jeden Fall ist sie bewusst genug, um aus „Herzog Blaubarts Burg" zitieren zu können.) Warum die übergroße Entfernung und das Fehlen des Augenkontaktes zwischen dem Solisten und den anderen?
Ist er vielleicht wie der „Patient" bei der klassischen Psychoanalyse? (Es gibt sogar einen Pizzicato-Versuch - „rubato poco esitando" - , sich in die Quartettgesellschaft artig einzugliedern.)
Auf wen oder was wird der „Fahneneid" (Hauptstrophe: T. 151-153) geschworen? Was steckt dahinter?
Bezüglich der Form: ,,Es ist ein Gesetz ..., dass diese Zwangshandlungen immer mehr in den Dienst des Triebes treten und immer näher an die ursprünglich verbotene Handlung herankommen." (Irgendwann habe ich bemerkt, dass bewusste Konstruktion oft einer Zensur ähnelt.)
Die Materialien (d.h. jetzt die Noten) stammen fast ausschließlich aus meinem Orchesterstück „Breath-Hammer-Lightning" (T. 129-132, Hauptorchester). Was dort durch die Bewegung der Masse (Bezug auf Canettis „Masse und Macht ...") dargestellt worden ist, wird hier durch das Auf-das-Podest-Stellen des Individuums zu detailliertem Ausdruck gebracht. Vogelbalz hat ja damit etwas zu tun. Zur Stunde höre ich ,,konkrete" Stimmen der selbstdarstellenden Suche, während der Arbeit (Februar - März 1995) habe ich manchmal an den australischen Alleebauer (Bower bird) gedacht.
Die Komposition dieses Werks wurde von dem Bratschisten Dimitrios Polisoidis angeregt, das Stück ist ihm gewidmet.