Dieses musikprotokoll versteht sich als ein kontroversielles Protokoll über den Stand gegenwärtiger Musik. An die Stelle eines übergreifenden Themas tritt eine bewußt heterogene Programmgestaltung einerseits, die Erforschung eines radikalen Themas andererseits.
Große Individualisten, verschiedenste Genres, die Divergenz, Schönheit und Widersprüchlichkeit heutiger neuer Musik bestimmen diese Konzertprogramme. Vom Eröffnungskonzert am Mittwoch Abend mit zwei Uraufführungen von in Wien lebenden Komponistinnen - das Arditti String Quartet spielt neue Streichquartette von Olga Neuwirth und lsabel Mundry - führt das Programm in schroffen Schnitten und weiten Bögen in das Samstag-Programm mit wiederum zwei Uraufführungen von österreichischen Komponisten - Bernhard Lang und Christian Ofenbauer -, sowie dem Auftritt des New Yorker Sänger-Ensembles rund um und mit dem Komponisten Robert Ashley und als Abschluß von vier Tagen Musik für Zeitgenossen folgt die Premiere des neuen Programms von Mathias Rüegg mit dem Vienna Art Orchestra.
Als Verknüpfung von Kunst und Wissenschaft fungiert ein kleiner, radikaler Schwerpunkt: Das Rauschen. Ein unvermeidliches akustisches Phänomen wird durch die ästhetische Lupe betrachtet: Komponisten und Wissenschaftler verwandeln einen vermeintlichen Hintergrund in einen irritierenden Vordergrund. Gemeinsam mit zwei Instituten der "Hochschule für Musik und darstellende Kunst Graz", dem "Institut für Elektronische Musik" und dem "Institut für Wertungsforschung", sowie der "Neuen Galerie" und dem "ORF-Kunstradio" wird mit Kunstwerken, Vorträgen und einem im Wolke-Verlag erscheinenden Buch "Das Rauschen" von verschiedensten Blickwinkeln aus betrachtet und gehört.
Konzerte, Performances, live-Radio, Vorträge, Lectures, Symposion, Bücher, Vernissage, Präsenz im Internet: Die Präsentationsforen in und um dieses musikprotokoll sind vielfältig. "Musik, die Hörer entblößt; sie schutzlos, ohne Geschichte, Kultur, Verteidigung und Glauben antrifft" ist eine Möglichkeit; Musik, die Hörern "während des Hörens das eigene Hören bewußt macht" eine andere (Fomina, Lucier). Musik mit dem Ziel unmittelbarer Wirkung; Reflexion über Musik; Musik, die ihrerseits Reflexion über Wahrnehmung auslösen will: Dieses musikprotokoll ist eines der Herausforderung und der Widersprüche, verlangt verschiedene Hörperspektiven, ermöglicht das Eintauchen in Wohlklang, provoziert das Aufschrecken ob des Ungewohnten, regt an zur Reflexion über das Klingende, liefert sich dem improvisatorischen Augenblick aus, präsentiert ausformulierte kompositorische Preziosen zum Hinhören.