Das Werk ist 1991/92 entstanden. Ein großer Teil davon wurde im leerstehenden Haus Luigi Nonos auf Sardinien geschrieben. Keine Frage, dass die Erinnerung an ihn meine Vorstellungen damals mit bestimmt hat.
Meine Arbeit an diesem Stück ging von der Erfahrung aus, dass gerade das „strukturell" gerichtete Hören, d.h. das beobachtende Wahrnehmen des unmittelbar Klingenden und der darin wirkenden Zusammenhänge, verbunden ist mit inneren Bildern und Empfindungen, die von jenem Beobachtungsprozess keineswegs ablenken, sondern untrennbar mit ihm verbunden bleiben und ihm sogar eine besondere charakteristische Intensität verleihen.
Es ist die eigenartige Situation, wo beim Dechiffrieren einer uns betreffenden Nachricht die unmittelbare Wahrnehmungsarbeit, das - möglicherweise mühsame - Erkennen und Zusammentragen der Zeichen einerseits und die Kraft der sich abzeichnenden Botschaft andererseits tatsächlich eng zusammengehören, gar einander bedingen und einen geschlossenen Erlebniskomplex bilden.
Die beiden Sprecher des Leonardo-Textes in ... zwei Gefühle ... sind quasi sich ergänzende Bewusstseins-Hälften eines imaginären Wanderers und still staunenden Lesers. Sie selbst fungieren gleich sam bewusstlos wie die ineinanderarbeitenden Hände eines am Sehen Gehinderten, der jenen Text wie eine kostbare Inschrift ertastet, indem er deren Sprachpartikel einzeln ergreift und schlecht und recht vor seinem Gedächtnis zusammenfügt: konzentriert und nüchtern, ,,versunken", aber zugleich „betroffen" im doppelten Sinn des Wortes, denn was sich semantisch erschließt, beschwört eben jene Situation des unruhigen Suchens „im Gefühl der Unwissenheit", in welcher der blind Tastende sich wiedererkennt.
Was klingt, versteht sich als beides: vielfach aus dem Phonetischen abgeleitetes und transformiertes Material, und zugleich Trümmer des überlieferten Vorrats affektiver Gesten, neu gepolt als klingender Zusammenhang aus innerlich verschieden artikulierten akustischen Feldern, quasi unterschiedlich erhitzten bzw. erkalteten Vulkanen. Mediterrane Klanglandschaft in unwirtlicher Höhe; eine „Pastorale", geschrieben im Gedanken an das, was mich mit dem Komponisten des „Hay que caminar" verbunden hat.