Breath - Hammer - Lightning
Breath - Hammer - Lightning für großes Orchester (1988)

Das rund halbstündige Orchesterstück Breath - Hammer- Light­ning ist eine Art Präludium zur etwa doppelt so langen Komposition Dome Peak und nimmt bereits einige Materialien dieses zweiten Stücks voraus. Während Dome Peak eine weitgefächerte, aber statische Aufstellung der Musik im Raum vorsieht, ist bei Breath­ Hammer- Lightning das Orchester in traditioneller Weise auf der Bühne aufgestellt; jedoch wechseln im Verlauf des Stücks einige Instrumentalgruppen ihren Standort im Raum, wodurch die kom­pakte Orchesterformation partiell „aufgelöst" wird.

Es gibt Materialien, die an mein1987 in Donaueschingen uraufge­führtes Orchesterstück Landscape with Martyrdom erinnern, und Materialien aus unfertigen Projekten der Jahre 1976-78: Klangbil­der, die die Brutalität der militärisch-industriellen Welt vergegenwärtigen, daneben Momente der Passivität und Zurücknahme, der Trägheit, leere und Verneinung; Ängste am Rande des Irrsinns, des Zusammenbruchs, unermessliche Räume. In das Zitat der ,,enthaupteten" amerikanischen Nationalhymne und in den gewun­den-schlitternden Klang, indem das Adagietto aus Mahlers Fünfter aufscheint, sind Erinnerungen aus der frühen Jugendzeit eingekap­selt.

An manchen Stellen habe ich die Orchestertechnik weiterentwickelt, die ich in Landscape with Martyrdom anwandte, wo dichte akustische Strukturen kontinuierlich fließend zwischen „Polypho­nie", „Heterophonie" und „Textur-Klangfläche" wechseln. Die räum­liche Aufteilung des Orchesters durch die in die Ferne gerückten Klanggruppen hat nicht den Zweck, die Musik „interessanter" oder „attraktiver" oder bestimmte Klangprozesse nur besser durch­ hörbar zu machen. Vielmehr sollen diese Raumwirkungen die Musik ambivalenter, verstörender erscheinen lassen und vielleicht auch etwas von den Ideen C. G. Jungs über die „Relativität von Zeit und Raum im Unbewussten" körperlich spürbar machen.

Der Titel ist abgeleitet aus dem tibetanischen Buddhismus. Er variiert die Worte VAJRA - PRANA - DORJE (Blitzschlag, Atem, Szepter) und ist ebenfalls mit einer präzisen Erinnerung verknüpft: Diese Worte gingen mir am 25. Juni 1983 durch den Kopf, während einer einsamen Wanderung zu einem noch schneebedeckten Pass ohne Wegspur in der Nähe meines früheren Wohnorts im US­ Bundesstaat Washington. Die visuellen Eindrücke - die zerklüfteten Berggipfel aus tiefrotem und schwarzem Fels, die abstrakten Muster des schmelzenden Schnees, das knospende Grün der alpinen Lärchen - sind mir sehr vertraut ... An jenem Tag empfand ich mich als Teil einer akustischen Welt aus fließendem Wasser, aus dem Sausen des Winds, der Abhänge und Klippen umströmte, meinen Schritten, meinem Atem und Herzschlag-: Momente, in denen ich einen lebendigen Begriff von den Auffassungen der tibetanischen Musiker bekam, die ihre geistliche Musik als Externalisierung der Klänge und Geräusche im Innern des menschlichen Körpers - der Nerven, des Bluts, des Atems usw. - betrachten.

Breath - Hammer- Lightning wurde von der Paul Sacher-Stiftung Basel und dem ORF Wien in Auftrag gegeben und außerdem durch die private Stiftung „Artist Trust" in Seattle (USA) unterstützt.

Jorge E. López (Aus dem Amerikanischen von Max Nyffeler)
Interpret/innen

RSO Wien
Dirigent: Mario Venzago
Co-Dirigenten: Adolf Hennig, Peter Wolf

Kooperationen

Kompositionsauftrag des ORF und der Paul Sacher-Stiftung

Termine
Location
Grazer Congress – Stefaniensaal
Konzert
Uraufführung