Pléiades: ,,Vielzahl", ,,mehrere"; wegen der sechs Schlagzeuger und der vier Sequenzen. Das vorrangige Element ist der Rhythmus, d. h. die zeitliche Anordnung der Ereignisse, die Kombination von Dauern, Intensitäten und Klangfarben. Er ist auf mehreren parallelen Feldern aufgebaut, jedoch mit Querverläufen, d. h. die Figuren sind gleichzeitig verformt und nicht verformt. Einige der Felder werden durch Akzente realisiert, deren Rhythmus den der normalen Taktzeiten überlagert. Die Klangfarben der Fellinstrumente erfüllen ebenfalls eine Funktion, sind jedoch spezifischen rhythmischen Feldern untergeordnet.
Die einzige Quelle dieser Polyrhythmie ist der Gedanke von Periodizität, Wiederholung, Verdoppelung, Häufung und Nachahmung, sei es in Originaltreue, Pseudo-Originaltreue oder Untreue. Ein Beispiel: ein Schlag, der unaufhörlich im selben Abstand wiederholt wird, stellt die getreue Nachahmung eines rhythmischen Atoms dar (natürlich ist ein antikes Metrum bereits ein sich wiederholendes rhythmisches Molekül). Auf diese Weise erzeugen geringfügige Variationen der Abstände Lebhaftigkeit im Rhythmus, ohne dabei die Grundperiode zu stören. Größere und komplexere Variationen der Anfangsperiode entstellen die Grundperiode, was zu ihrer sofortigen Unkenntlichkeit führen kann. Kühnere Variationen von noch größerer Komplexität oder, was oft auf dasselbe hinausläuft, solche, die aus einer zufälligen Distribution resultieren, führen zu einer völligen Arhythmie, zu einer Erkenntnis durch Massen von Ereignissen, zu Vorstellungen von Wolken, Nebelfeldern und Staubgalaxien von rhythmisch organisierten Schlägen. Weiters erzeugen die Geschwindigkeiten dieser Transformationen neue Figurationen, die sich über die vorhergehenden lagern und von den kleinen, kontinuierlichen Beschleunigungen bis hin zu den schnellen (noch immer kontinuierlichen), ja sogar exponentiellen Transformationen reichen. Diese reißen den Zuhörer wie ein Wirbelwind mit und treiben ihn wie auf eine unvermeidliche Katastrophe oder ein verzerrtes Universum zu. Oder aber es bewegen sich unendlich große Geschwindigkeiten, die den brutalen Brüchen der Transformationen entsprechen, unverzüglich von einer Art der Entwicklung zu einer gänzlich anderen hin.
Eine Axiomatisierung, begleitet von einer Formalisierung, wie sie durch die Theorie der Tonhöhenfolgen gegeben ist, umfasst einen Teil derartiger Transformationsprobleme auf allen Gebieten, Räumen oder geordneten Gesamtheiten.
In Pléiades wird diese grundlegende Idee der zeitlichen Häufung eines Ereignisses oder eines Zustandes, in die unser physikalisches, aber auch unser menschliches Universum getaucht ist, auch durch eine andere musikalische „Dimension" wieder aufgenommen, nämlich durch die der Tonhöhe. In dieser Dimension hat sich die europäische (westliche) Musik seit der griechischen Antike nicht verändert. Das System der diatonischen Tonleiter ist nach wie vor vorherrschend, selbst und vor allem in jenen Musikrichtungen (wie bei der seriellen Musik), in denen die chromatische Gesamtheit die Basis für die Auswahl der Noten bildet. Außerdem würde ihre Ausdehnung auf eine Tonleiter, in der das Komma die Einheit wäre, das „Klima", das Stärkefeld der melodischen Linien oder der Tonhöhenwolken nicht verändern. ·
Aus diesem Grund habe ich hier diesen zweifachen Versuch unternommen. Der erste- bereits in Jonchaies für Orchester- bestand darin, eine eindeutig nicht-westliche starke und charakteristische Tonleiter zu bauen, die aber auch auf diatonischen Tasteninstrumenten, wie dem Marimbaphon dem Xylophon oder dem Vibraphon, gespielt werden kann. Der zweite Versuch bestand darin, ein neues metallisches Instrument bauen zu lassen, SIX-XEN genannt, das 19 unregelmäßig angeordnete Tonhöhen mit Viertel- und Dritteltonschritten und deren Vielfachen enthält. Außerdem durften die sechs Schlagzeuge in ihrer Gesamtheit nie ein Unisono ergeben. Im ersten Fall baute ich nach vielen Versuchen eine Tonleiter, die überraschenderweise den Tonleitern des antiken Griechenlands, des Nahen Ostens oder Indonesiens ähnlich war. Jedoch basiert diese Tonleiter im Gegensatz zu den traditionellen nicht auf Oktaven, sondern besitzt interne Symmetrien, wobei es ihr gelingt, den gesamten chromatischen Raum in drei aufeinanderfolgenden Wiederholungen (Perioden) abzudecken, was ihr erlaubt, ganz allein, ohne jegliches Transponieren, zusätzliche harmonische Felder zu den polyphonen Überlagerungen zu erzeugen.