Ein pochender Lappen
Eine Blutpumpe
Behälter für schmutziges Wasser
und Zahlungsmittel
Vermittler zwischen blutigen Armen
und Heilung im Frühwind.
Kein Platz für Verbindlichkeit.
1. Teil
Mag sein, dass auch dies mir
die Bestien diktieren
Vermittler bin ich wohl ihrer bunten Welt als ich vor Jahren „Gespenster" schrieb quoll unbemerkt
die Scheiße unter den Boden des Badezimmers
ich merkte es erst, als eine Wolke
von Stubenfliegen
ein ohrenbetäubendes Summen war es
ein Fest für die Fliegen
sich über mich senkte
und schwarz wie die Nacht, in der sich später
ein junger Mann
in die Sessel des Theaters stürzte mein Bad ist der Eingang der Bestien
als ich Jahre danach von Paranoia geplagt dort nach den verwischten Abdrücken fremder Männer suchte
(nach verstecktem Schmuck und nach Flecken getrockneten Samens
nach roten und schwarzen Haaren, nach Zigarettenstummeln
nach Geschichten, die es nie gab
nach quälenden Abenteuern
als die Geliebte mit blutigen Armen im Wasser lag
nach einer langen Ballnacht im Jänner als sie im nassen Ballkleid
auf dem der Mond aufgedruckt war durch das kleine Fenster
hinaus in die klirrende Kälte des Morgens kroch
und 15 Meter tief fiel
ein dumpfes Geräusch mir die Wahrnehmung nahm)
ohne Schuhbänder erwachte ich in der Zelle und wusste nicht, dass sie lebte
als ich das verpisste Gulasch wegschüttete
dann hinaus in den blendenden Schnee wo mich die Autos bespritzten
ich leerte ein Bier und suchte sie
im falschen Spital, wo alles mich narrte eine Fette in Gips trug
zufallslos
ihren Namen, fraß Milchreis und schmatzte
zweimal geboren war ich da schon
immer in die falsche Welt, schien es
zu klein und versoffen mein Geist
war es Kunst oder Traum oder sonst
irgendein Schrebergarten der Sprache
war es der helle springende Punkt in der Intensivstation
das Bild einer jungen Frau, der die Schwestern
den Zopf flochten zum Ausfluss ihrer Besessenheit
noch immer war ich gesprengt
gezapft von Milliarden Sendern
den verschmitzten Funkern
die nur mit grauslicher Poesie bezahlen deren Dreck man artig weiterverkauft geflüstert an geheimem Ort
nahe schmutzigen Teichen
in welchen (kichernde Zwitter
mit den gelben Schlangen spielen)
deren trockener Schleim
sich in feuchtes künstliches Fleisch saugt deren Gesetze dem sumpfigen Fieber eines falschen ja falschen Gewichtes
des breiigen schweren Felsens
der auf dem Faden steht, herrühren
aus der unendlichen Fontanelle, die
alles in mich hineinlässt
die Bestien der Abwässer
voll totem Getier
das im schwangeren Becken meines Kopfes
zu neuem mühseligem Leben geladen werden muss
weil der Fluch dieser Landschaft
und der Hohn ihrer Ungeheuer zu stark für mich sind
ein Nistplatz bin ich
ein eigelbes Nest an einem braunen Teich mit haariger Wiese gespeist vom Urin überhängender
spritzender Bäume
angestellt bin ich als Übersetzer eingeschlafener Sprachen Länder aus feinstem bestrahlten Sprühregen
tief unter gedachter erinnerter flaumiger Erde
mein Witz beißt keinen mehr
keinen der Unbesessenen
keinen Menschen mehr, der heiter am Tisch sitzt
denkt isst und vögelt und scheißt
kein Paar sind meine Ohren und Hände auch meine Nasenlöcher riechen zugleich
Duft und Gestank
mehr bin ich schon nichts bin ich schon lange
in der neugierigen Demut des Dichters des lüsternen Höhlenforschers
des Leckers des Kitzlers der heiligen Schizophrenie
ich bin die Metapher von allen
ich spucke unter Wasser
nackt sitzend im Schnee
die gefrorene Stuyvesant zwischen den Lippen
ich ficke die Schatten der Blätter
auf der Scham meiner Freundin
das Rot ihrer Lippen, welches grün über ihrem Gesicht zerfließt ...
2. Teil
In Ermangelung einiger Dollars
reiße ich wieder einmal mein Herz heraus knalle es blutspritzend auf die schwarze
Theke ...
wie oft schon habe ich so bezahlt
wie oft ist mir dieser pochende Lappen (nachgewachsen
habe ich diesen roten Dschungel begossen)
gerodet
verkauft
aufgepumpt mit Strahlenluft die immer vorbeizieht
als gleißender Cadillac
der mit blendenden Scheinwerfern durch das Chicago meiner Nacht
auf mich zurast
ihm zusteigend
sein ängstlicher Chauffeur mähe ich ganze Völker nieder
und tanke mit ihrem Blut
mein Herz auf
Hunderten Frauen und Männern
lieh ich es schon
zerfressen
gespickt von verzweifelten Zähnen
fand ich es immer wieder
in dunklen Ecken
auf dampfenden Kanalgittern
irgendwo im hellen Wald zwischen Blättern
wartete es keuchend
erschöpfter Jagdhund (ohne Beute zwischen den Lefzen)
hungrig briet ich ihn über dem zischenden Ätna
verschlang ihn barbarisch
mich mordend erwachend mit Blick auf Taormina
hielt mein Herz ein scharfer Frühwind wund und schwer stieg ich ins Föhrental Stets ein Fremder in mir
ein kalter Magnet
Die in Klammern gesetzten Passagen sind in der Vertonung ausgelassen.
,,Schmutziges Wasser" und „Das Herz" aus: Wolfgang Bauer, ,,Das Herz"