Tausende Jahre lang hörten Nomaden auf ihren Wanderungen durch die Wüsten mysteriöse Klänge, die sie Geistern oder Dämonen zuschrieben. Die Klänge erinnerten an Glocken, Trompeten, Orgeln, Nebelhörner, Kanonenfeuer, Donner, Brausen, sogar an Stöhnen und Summen. Zumindest dreißig solcher Singender Dünen wurden in Wüsten und an Stränden rund um die Welt gefunden. Nichtsdestotrotz sind sich die Forscher nicht einig, warum genau diese Sanddünen singen.
Es kann heikel sein, ein Musikstück mit Worten zu betiteln, zu denen eine bestimmte Art von Klang assoziiert wird. Ich war auch nie in der Wüste, um Singende Dünen zu hören. Dieses Konzert versucht in keiner Weise, diese Klänge nachzuzeichnen. Ich finde einfach dieses Phänomen und die Vorstellung von der Entstehung dieser Klänge faszinierend. Ich stelle mir sehr gerne vor, was Marco Polo empfunden haben könnte, als er die Reibung von Wind und Sand hörte. Wie herausfordernd ist doch die Vorstellung, dass ein Ort, den man so häufig mit ausgedehnter leere assoziiert, zugleich der Ort intensiver Klänge ist.
Dieses Viola-Konzert hat sieben Sätze, die ohne Unterbrechung aufeinander folgen. Das Viola-Solo ist als eine Einzelstimme konzipiert, getrennt vom Orchester. Es existiert als eine eigenständige Linie, die Reaktionen und Resonanzen in der orchestralen Masse hervorruft. Die Form des Stücks soll zugleich die Qualität des Individuellen der Viola-Stimme schützen und - manchmal - die volle Kraft des Orchesterklangs ausschöpfen. Abschnitte mit Solo-Viola und kammermusikalischer Begleitung folgen auf Passsagen mit vollem Orchester, in denen die Solostimme schweigt. Diese zwei Stimmen wechseln einander durchgehend ab.
Booming Sands ist Kim Kashkashian und Dennis Russell Davies gewidmet und ein gemeinsamer Auftrag vom American Composers Orchestra in New York und dem Winnipeg Symphony Orchestra in Canada, unterstützt vom Canada Council for the Arts.