Im Gegensatz zum Streichquartett hat die Gattung des Trios nie eine eigen ständige Tradition hervorgebracht.
Durch seine Herkunft, die eher mit der barocken Triosonate, denn mit der Tradition der dynamischen Entwicklungsform der klassischen Sonaten-Allegro-Form zu tun hat, blieb das Streichtrio gegenüber seiner eigenen Identität merkwürdig unbestimmt.
Während des 19. Jahrhunderts war das Streichtrio eine von Komponisten eher selten benutzte Gattung.
Selbst im 20. Jahrhundert blieb die Gattung - wenn auch um einige Schlüsselwerke von führenden Komponisten (Schönberg, Webern) angereichert - eine Außenseiterin unter den Kammermusikformationen.
Mein eigenes Streichtrio versucht, diese Abstammung zu berücksichtigen, insbesonders in Hinsicht auf die Ambiguität des expressiven Duktus, welcher zwischen dem Serenadenhaften einerseits und andererseits der sich stärker linear entwickelnden Haltung, die man meistens mit der Gattung des Streichquartetts assoziiert, fluktuiert.
String Trio besitzt vier Hauptteile, wobei der erste Teil drei aufeinander folgende Soli (Violine, Viola, Violon cello) mit sich änderndem, jedoch leicht identifizierbarem Charakter exponiert. Jedem Solo folgt unmittelbar seine „Verstärkung" durch alle drei Instrumente. Der zweite Teil ist gewissermaßen eine Folge von „Variationen über ein nicht vorhandenes Thema" in einem durchwegs schnellen Tempo. Der dritte Teil, der zum zweiten in starkem Kontrast steht, ist ein „Largo desolato" das auf einem mehrfachen Abtasten einer einzigen, statischen Akkordfolge beruht, die aus dem Solo der Viola am Anfang des Werkes stammt. Der letzte Teil kann als eine gekürzte Kombination aus Scherzo und Rondo Merkmalen verstanden werden. Er beginnt mit mehreren Glissandi in höheren Registern und wird langsam aggressiver und polyphoner, während er in tiefere Register wandert.
Die vier einzelnen Hauptteile werden unterbrochen von vier kurzen Textur-„lnterventionen", die - im Laufe des Stückes - allmählich Verantwortung übernehmen für die Substanz des musikalischen Diskurses - in so hohem Maße, dass am Ende die letzte Aussage der Intervention I als ein selbständiger, ausufernd zerbrechlicher Satz wahrgenommen wird. Dieser Teil transponiert die von vorher bekannte, statische Akkordfolge langsam nach unten, bis sie aus dem Tonumfang des Ensembles gerät. Charakteristisch für beides, die Interventionen und das „Largo desolato", ist der durchgängige Gebrauch von Achtelton-Mikrointervallen.
Das String Trio wurde von dem Festival d'Automne de Paris für CONTRECHAMPS in Auftrag gegeben. Dessen Mitgliedern ist dieses Stück auch gewidmet.