Alien City
Alien City

Alien City ist eine durch und durch virtuelle Stadt im Cyberspace. Ihre akustischen und optischen Manifestationen komponieren sich aus Elementen verschiedenster Städte dieser Welt, so wie diese sich im Netz repräsentieren. Webcamgrabs, Bilder historischer Ansichten oder utopischer Zukunftsvisionen sowie Klänge aus offenen Mikrofo­nen und City-Soundscapes sind die Ausgangsmaterialien; diese werden in automatisierten Bearbeitungsroutinen permanent gemorpht, sodass sie eine Stadt ergeben, die ihr Aussehen ständig verändert - eine Hybride in kon­stanter Veränderung, in Zwischenräumen, Durchgangsfeldern und Simultanzeiten.

Alien City ist keine fiktive Stadt. Sie existiert tatsächlich, schwebt im Diskontinuum von Zeit und Raum des World-WideWeb. Die einfache Präsenz jeder neuen BesucherIn bewirkt Veränderungen ihres Aussehens, jede Bewegung führt zu einem Wandel, einer Verschiebung ihres Gesamtgefüges. Alle Elemente, aus denen Alien City on-line zusammengesetzt ist - Webcams, offene Mikrophone, die von Zeit zu Zeit Klänge des Alltags einfangen, der Stadt­plan, sogar die historische Dokumentation der Stadt - verändern sich mit den Bewegungen der UserInnen. Die Geschichte der Stadt ist ein dynamisches Beziehungsgeflecht zwischen Menschen, Maschinen und ihren Umge­bungssituationen.
Seit ihrem Entstehen manifestiert sich Alien City immer wieder für bestimmte Zeitspannen an bestimmten Orten physisch - in Installationen, Performance-Events oder Medieninterventionen. Im selben Mass, wie Alien City die spezifischen lokalen Ambiente beeinflusst, verändern diese "realen" Atmosphären den Charakter der "virtuellen" Stadt, verursachen in ihr einen Realitätssprung auf eine neue Ebene. Alien City saugt Teile der an diesen Orten vor­gefundenen Realitäten ein und integriert sie im Morphprozess in ihre historische Struktur. Eine neue Stadt ent­steht, die doch sie selbst bleibt.

Manchmal genügt (...) der Dialog zweier Passanten, die sich im Gedränge begegnen, mir vorzustellen, daß ich von hier Stück um Stück die vollkommene Stadt zusammensetzen werde, errichtet aus Fragmenten, die mit dem Rest vermischt sind, aus Augenblicken, die durch Intervalle getrennt sind, aus Signalen, die einer ausschickt, ohne zu wissen, wer sie empfängt.

Mit Dialog zweier Passanten in der Menge, dem Performance-Event, beginnt die eigentliche Manifestation von Alien City im Dom im Berg. Eine permanent durch multiple Klang- und Bildprojektionen sich verändernde Stadtlandschaft
bildet die kinetische Kulisse, in denen Avatare agieren - Repräsentanten der interaktiven virtuellen BewohnerInnen der Stadt. Diese haben eigene Persönlichkeitsprofile, führen ein Eigenleben, verändern Charakter und Aussehen und haben die Fähigkeit, mit UserInnen und PerformerInnen Kontakt aufzunehmen, auf sie zu reagieren.
Avatare verwickeln „reale" Personen in einen Dialog. Die Interaktion zwischen „menschlicher" und „virtueller" Per­sönlichkeit und die gegenseitigen Veränderungen von Verhaltensmustern bilden die eigentliche Aktion. Aber wer ist die „virtuelle", wer die „reale" Person?. Beide treten ausschliesslich medial in Erscheinung und gewohnte Gren­zen sind durchlässig geworden oder ganz verschwunden.

Die on-site Installation ist auf längere Dauer ausgelegt. Zeitabläufe wiederholen sich scheinbar, aber Veränderun­gen treten ein. Unmerklich zuerst, später deutlich wird die Stadt Graz Alien City verändern. Fragmente ihres Erscheinungsbildes werden auftauchen, mit anderen verschmelzen. Im Zugangsstollen werden überdies die Besu­cherInnen von den dort installierten Überwachungskameras erfasst. Manche werden sich später in Alien City wie­derfinden - materialisiert in der virtuellen Stadt.

Was und wen Alien City mit sich nimmt, wenn sie nomadisch weiterzieht, wissen wir nicht. Man kann als BesucherIn im WorldWideWeb ihren Weg und ihr Wachstum weiterverfolgen - um wiederum Veränderungen auszulösen. Alien City wird sich erneut an anderen Orten manifestieren, sich verändern und bleiben, was sie im Grunde ist: on the move.

Italo Calvino, Die unsichtbaren Städte
Interpret/innen

Martin Breindl
Norbert Math
Andrea Sodomka mit August Black, Webart
Thomas Meitz, Live-Tontechnik
Peter Pessl, Text
Florian Prix, technische Leitung
Klaus Rink, Licht
Andreas Unterpertinger, Projektionen
Magdalena Vetter, künstlerische Assistenz
Peter Walz, Bühne, Effekte
Johannes Zmölnig, Computertechnik

Termine
Location
Dom im Berg
Konzert
Performance
Dieses Werk gehört zu dem Projekt:
musikprotokoll 2001 | alien city