Die Idee zu Abschied sei, so der 1958 in Genf geborene Komponist im Gespräch, eine Spirale, die quasi ins Unendliche reiche. Zu Beginn in äußerst hohen Registern, durchlaufen diverse Tonketten verschiedene Stadien, indem sie fortwährend einem Filterungsprozess unterzogen werden. Manche Töne werden also durch andere suspendiert, vorherige Positionen vertauscht. Das Geschehen vollzieht sich in bemerkenswerter Rasanz, einer energetischen Virtuosität, die nicht nur dem Solisten vorbehalten ist, sondern zuweilen auch im Orchester präsent ist. Das konzertante Prinzip des instrumentalen Gegenüber von Individuum und Kollektiv hat Jarrell durchaus beibehalten; allerdings integriert sich das Klavier des öfteren in den Orchesterapparat, um gemeinsam den musikalischen Fortgang zu entwickeln, um über ihn zu „diskutieren". Natürlich bietet der Solist auch allerlei eigene Wege und Lösungen an. Dafür nutzt er die weitgespannte Palette der Spielmöglichkeiten seines Instruments, auch dessen „Innenleben", das vor allem John Cage für die pianistische Praxis freigelegt hat. Trotz dieser Finessen ist Jarrell das Schreiben seines ersten Klavierkonzertes nicht leicht gefallen. Im Gespräch erklärte er, daß das Pianoforte für ihn deshalb ein schwieriges Instrument sei, weil mit ihm lang gehaltene Töne und langdauernde Prozesse kaum zu realisieren sind. Gerade solche Verläufe in Verbindung mit spielerischer und machbarer Virtuosität interessieren den Komponisten, zu dessen Lehrern Eric Gaudibert, Klaus Huber und Brian Ferneyhough gehören, besonders.
Während der Arbeit begegnete Jarrell dann einem Essay von Luciano Berio, in dem dieser ebenfalls von den Schwierigkeiten mit dem Komponieren für Klavier berichtet. Das machte ihm letzlich aber Mut und spornte die eigene Arbeit durchaus an. Ein Großteil der Komposition ist bereits fertig, als plötzlich sein Vater, Porter Jarrell stirbt. Dieses einschneidende Erlebnis läßt Jarrell nun einen anderen kompositorischen Weg einschlagen. Der energetische und meist in hohen Registern stattfindende Drive verändert seine Richtung: Das Stück wird langsam, sucht tiefe Gründe auf, operiert verstärkt mit Resonanzen, artikuliert sich als eine Musik, die verschwindet, die Abschied sagt (daher auch der Titel). Das zuvor Erzählerische hält nun inne, öffnet Räume des Nachdenkens, des Schweigens, des Erinnerns.