Motto: „... ist ein Tun ohne Bild" (R.M.Rilke: Duineser Elegie IX)
Den Kern von Hybrid V(MorphoPhrenics) bildet ein morphogenetisches Simulationsprogramm, das u.a. dazu verwendet wird, die Musterbildungen auf Muschel- und Schneckenschalen zu untersuchen, aber auch die Ausdifferenzierung von Wachstumspolen bei Embryos, die Entwicklung von Gliedmassen, und viele andere Strukturen der belebten und unbelebten Natur auf Basis selbstorganisierender Steuerung.
Insgesamt 180 durch Diffusion einer Aktivator- und Inhibitorsubstanz verbundene Zellen generieren in Hybrid Vdie gesamten materialen Texturen der Echtzeit-Partitur, der live-elektronischen Klangtransformation und der Videosteuerung, wobei die Solistin die Möglichkeit hat, in die Musterbildungsprozesse steuernd einzugreifen, und so interaktiv das Werk in jeder Aufführung in jeweils andere fomale Entwicklungsrichtungen zu treiben.
Da die Partitur des Werkes in Echtzeit vom Computer auf einen Bildschirm projiziert wird, der sich - anstelle des traditionellen Notenpultes - vor der Solistin befindet, mithin also die Resultate der „Eingriffe" der Solistin in den Formentwicklungsprozess direkte Rückwirkungen auf die von ihr zu singende Textur haben, entsteht echte Interaktivität als Grundlage der Aufführungssituation.
Videos und Live-Elektronik sind neben dieser (vom Computer kontrollierten) morphogenetischen Steuerung über das Prinzip des „Morphens" miteinander verbunden: die allmähliche Verwandlung einer konkreten Gestalt in eine andere (etwa der Stimme der Sängerin in eine - voraufgenommene - Tierstimme, oder der Hand der Sängerin in das Wurzelwerk eines Baumes).
Dieses Morphen wird jedoch nicht linear nachvollzogen: Aufgespürt wird in Hybrid Vvielmehr die Mitte, das „Medium" zwischen den konkreten Gestalten, jene Stelle, wo die eine Gestalt ihre Konkretion verliert, sich aber die andere Gestalt noch nicht kristallisiert hat. Andere „Lese"-Techniken, etwa das rasche ...