1. Sinfonie
1. Sinfonie

Einige Gedanken zur 1. Sinfonie.

Ich brauchte lange Zeit um zu verstehen, warum einige Leute nach einer grossen Liebe die Liebesbriefe, Fotos und Errinerungsstücke verbrennen. Es ist eine Art Ritual, eine Vergangenheitsvernichtung. Das Ritual ist berechtigt, weil man danach auf einen neuen Start hofft.

In meiner 1. Sinfonie verwende ich jahrelang gesammeltes Material, von dem ich mich schwer trennen kann, wie z.B. das „Röslein-Motiv" oder „unisono tutti". In der Hoffnung eine Periode abschliessen zu können um danach einen Neustart zu beginnen, schrieb ich die 1. Sinfonie mit Feuer und Flamme. Nachdem aber die Doppellinie gezo­gen war, entstanden mehr Probleme als zuvor: Der tutti-unisono-Klang schien mir noch interessanter als vorher. Die Probleme der Harmonik sind ebenfalls stärker geworden und auch der rhythmischen Komponenten. Was tun?

Ich muss mich wieder „an die Arbeit machen, die nie enden kann" (siehe Eingangsmotto des 4.Satzes).

Der 1. Satz ist ein Aufbruch und kündigt meine Ungeduld an. Der imaginäre See ist voll, voll mit Wasser, Schlamm und toten Tieren. Der See beginnt überzugehen. Der 2. Satz stellt die Trauer über die Vergangenheit, aber rechtzei­tig auch die positive Seite der Menschen, die überhaupt fähig sind zu trauern, dar. Der 3. Satz ist der Hauptsatz der Sinfonie. Das „Röslein-Thema" ist sowohl rhythmisch, melodisch als auch harmonisch gegenwärtig. Das „Röslein" wird nicht auf der Heide, sondern in den vier Wänden in einer großen Stadt durch den Knaben gebrochen. Der Knabe kann als Symbolfigur der Masse, der Einsamkeit oder der Gewalt der materiellen Welt gesehen werden. Vier Radios stellen die engen Räume der großen Stadt dar, Wassergeräusche symbolisieren den Untergang des „Rös-leins". Ein Teil des dritten Satzes wurde in meiner Oper Rashomon in der Vergewaltigungsszene verwendet.

Der letzte Satz kündigt Hoffnung auf die Zukunft an. Mein Motto „Ich werde mich an die Arbeit machen", zeugt nicht davon, dass ich ein Workaholic bin, sondern dass ich meine Arbeit auch durch die direkte Begegnung mit Menschen generell sehe.

Ich träume gerne und werde oft enttäuscht sein. Aber ich stehe auf und gehe an die Arbeit solange ich träumen kann.

Die 1. Sinfonie ist Herrn Dr. Gerhard Brunner gewidmet.

Mayako Kubo
Interpret/innen

Mayako Kubo, Kombosition
Chor der Grazer Oper
Grazer Philharmonisches Orchester
Arturo Tamayo, Dirigent
Agate Kania, Sopran

Kooperationen

Eine Uraufführung der Grazer Oper zum 50-Jahr-Jubiläum des Grazer Philharmonischen orchesters im Rahmen des musikprotokoll.

Termine
Location
Opernhaus
Konzert
Dieses Werk gehört zu dem Projekt:
musikprotokoll 2000 | Kubo / Pernes / Haubenstock-Ramati