„Sudden Thunder" entstand 1994. Ursprünglich gab es ein Pipa-Solostück, komponiert für die Virtuosin Wu Man. Der Auftrag vom „American Composers Orchestra" gab ihr die Gelegenheit, die Pipa in einen anderen kompositorischen Kontext zu stellen. „Die Transformation eines Stücks in ein anderes war das Aufregende", sagt Bun-Ching Lam. Die erste Version für Pipa solo wurde zu einer Art „gefundenes Objekt", aus dem sich das Orchesterstück entwickelte. Eine Miniatur wurde zum Kern eines Bildes auf großformatiger Leinwand.
Die Pipa, gewissermaßen der Gegenstand dieses Gemäldes, ist eine viersaitige, chinesische Laute mit chromatisch plazierten Bünden. Der Name des Instruments leitet sich von einer Beschreibung seiner Spielweise her: „pi " für abwärtsgerichteten, „pa" für den aufwärtsgerichteten Schlag. „Ich selbst bin mit der Pipa aufgewachsen." sagt die Komponistin Bun-Chin g Lam, „dieses Instrument erweckt starke Assoziationen in mir. Der Vorläufer dieses Instruments in der Tang Dynastie hieß „hu lei" und das heißt übersetzt „ plötzlicher Donner". Auch liebte ich es, die Bilder der alten Höhlengemälde aus Dun-Huang an der Seidenstraße anzuschauen. Da sind fliegende Musiker abgebildet, jeder hält diese Laute. Und beim Besuch chinesischer Tempel fand ich vier riesige Statuen, grimmige Figuren, die die Himmelskönige darstellen. Einer von ihnen hält die Laute und ist vermutlich der König des Donners." Aber nicht alle Assoziationen Bun-Ching Lams kommen aus Erinnerungen an ihre Kindheit: ,,Es gibt ein Gedicht aus den 3oer Jahren des chinesischen Dichters Lu Xun mit der schönen Zeile: 'höre den plötzlichen Donner wenn alles still ist'." Über einen möglichen Widerspruch zwischen ihrer chinesischen Herkunft und ihrer westlichen Ausbildung meint Bun Ching Lam: ,,Ich empfinde da keinen Widerspruch. China und der Westen trafen sich vor langer Zeit. Und insbesonders in New York ist so viel verfügbar aus so vielen Kulturen und dann noch die Pop- und die Jazzwelt. Da geht es nicht mehr um Synthese. Es geht um die Verfügbarkeit. Selbstverständlich kommen meine chinesischen Sensibilitäten immer wieder durch. Aber John Cage war beispielsweise viel chinesischer als eine Menge Chinesen. I just want to be myself."