DJ DSL webt lange tanzbare HipHop-Klanggemälde, wenn er seine Platten auflegt. Betont relaxed - oder „lässig" in der DSL-Diktion -, aus einer Vielzahl von instrumentalem HipHop-Quellmaterial aufgebaut, sind seine Abende oder Nächte geprägt von pulsierenden, groovigen, sich aneinander reibenden Beats und insbesonders von dem kunstvollen eins-aus-dem-anderen-hervorwachsen-Lassen der Ausgangsmaterialien. Und all das steht selbstverständlich unter dem Verdikt einer funktionierenden, stundenlangen, tanzbaren Dramaturgie. Die Grenzen zwischen Tanzmusik, elektronischer Musik, Unterhaltungsmusik, experimenteller Musik - mit Absicht sind jetzt Begriffe aus vergangenen Jahrzehnten gewählt - schienen während der letzten Monate/Jahre wieder einmal durchlässiger zu werden. Irgendwo zwischen und mit HipHop, House und Techno - und monatlich wächst die Menge an namentlich ausgewiesenen Subspezien - wuchs eine Vielfalt von musikalischen und gesellschaftlichen Formen und Szenen. Österreich spielt in diesem Konzert eine international beachtete Rolle. Mit den zum Teil beim Mego-Label versammelten Künstlern entstand eine musikalisch spannende, in manchen Formen experimentelle Szene, deren alltägliches Pendant und gesellschaftlicher Rückhalt die mitgewachsene DJ-Kultur in Bars und Clubs ist.
DSL ist Spezialist einer kunstvollen, langsamen, tanzbaren Groove. Der „Meister des nahtlosen Übergangs" - und gelernte Musikologen denken unweigerlich an einen mit der Kunst Alban Bergs verknüpften Text über Übergangsschönheiten - entwickelte und bewahrte im schnellen Geschehen der Stile & DJs für eine Weile seine eigene Handschrift. „Als damals Jungle aufgekommen ist, hat mich jeder zweite gefragt, ob ich das jetzt auch auflege, das würde so gut zu meinem Sound passen. Ich hab' das immer abgelehnt. Nichts gegen Jungle, ich will ihn nur nicht spielen. Man soll sich nicht abbringen lassen von seinem Weg." DSLs Weg blieb der HipHop-lnstrumental-Mix. „Die Welt der Beats ist an sich schon so mannigfaltig und voller phantastisch produzierter Sachen, die für sich alleine stehen, dass man damit schon die Welt erklären könnte."
Die Arbeit des DJs beginnt aber eigentlich bei der Vorselektion, also im Plattengeschäft. Im besonderen für jemanden wie DSL, der wenig von den obligaten A-Seiten hält und sich Woche für Woche stundenlang durch Berge von Platten kämpft. "Davon kaufe ich mir dann vielleicht ganze drei Stück. Wegen irgendeines Bonus-Beats, der irgendwo ganz hinten auf der B-Seite drauf ist. Aber dafür muss man sich alles anhören und das dauert." In der Regel handelt es sich dabei um Platten, die sich kein normaler Konsument besorgen würde. Platten, die von vornherein dafür konzipiert wurden, mit anderen vermischt zu werden. „Wenn du dir das allein anhörst, dann glaubst du, das ist die fadeste Platte der Welt." Aber die DJ Kunst ist eben das behutsame, wenn auch wirkungsvolle Anfertigen und Entwickeln der Mixes.
Alle Zitate entstammen Chris Dullers Portraittext über DJ DSL im „Falter" im Juli 1996, „Diesel, Eurosuper''.