Die Problematik bei der Wahrnehmung formal-struktureller Symmetrien innerhalb zeitlich gebundener Phänomene ist bekannt. Entsprechend betrifft sie auch die akustische Wahrnehmung. Grundvoraussetzung für die Arbeit an diesem Fragenkomplex war die Überlegung, dass klingendes Material a priori bewusstlos bleibt gegenüber dem Versuch, es abstrakt über symmetriebildende strukturelle Maßnahmen zu definieren. Die Aufgabe bestand dementsprechend darin, herauszufinden, was alles mitgedacht werden muss, damit der Symmetrie, über ihre - normalerweise unter der Höroberfläche verharrende - struktur- und formbildende Funktion hinaus, sinnstiftende, d. h. wahrnehmbare Qualitäten zugeschrieben werden können. Dieser prinzipielle Ansatz steuert nicht nur die formalen Strategien und die der Binnenstrukturen, er greift auch radikal in die Phänomenologie des Klanges ein. So sind etwa bestimmte Tonhöhenachsen so gewählt, dass Spiegelungen zu extremen Verzerrungen in der Lagendisposition der Instrumente führen. Dadurch werden einerseits die Registrierungen der Lagen innerhalb der einzelnen Instrumente selber geregelt, andererseits aber die Instrumentierung der Orchestergruppen und schließlich des ganzen tutti-Apparates. Dieser Umstand ist ausgesprochen bedeutsam für das Verständnis der Orchesterkonzeption in „Schleife Simultan Solo": Er bewirkt, dass die Spieler innerhalb der Instrumentalgruppen stets als Solisten fungieren, die Aktivitäten der Gruppen selber sich aber auf sehr ähnliche Weise wie die der Instrumentalsolisten wie ein „kollektives" Solo verhalten. Das gilt letztlich auch für den ganzen Orchesterapparat, wo er als solcher in Erscheinung tritt.
Unterstützt werden diese Eigentümlichkeiten durch ein der lsorhythmik verwandtes Verfahren. Arg vereinfacht könnte man sagen, dass alle Instrumente immer das gleiche isorhythmische Modell spielen, allerdings in allen nur erdenklichen zeitlichen Dimensionen. Durch Stauchungen und Dehnungen sowohl im makro- wie im mikrozeitlichen Bereich wird so die Morphologie der Klanggestalten ebenso gesteuert, wie durch die Dissoziation der einzelnen Glieder des isorhythmischen Modells. Das führt im Extremfall dazu, dass einzelne Klanggestalten instrumentalisiert werden. Das ist wörtlich zu verstehen: Sie verhalten sich wie Instrumente. Es gibt also nicht nur Soli von Instrumenten und Instrumentengruppen (bzw. des ganzen Orchesters), sondern auch solche von morphologisch charakteristischen Klangelementen. Zur Erfassung der formalen Konzeption mag ein Vergleich hilfreich sein: Jeder kennt den Möbiusstreifen - ein Band, dessen Enden seitenverkehrt zu einer Schleife zusammengefügt sind. Die symmetrische Anlage von „Schleife Simultan Solo" ist der absurden Situation ähnlich, trotz augenscheinlichen Vorhandenseins zweier Ebenen, sich endlos auf der immer gleichen fortzubewegen. Man betritt also immer wie der die gleichen Stellen, obwohl man sich nur in eine Richtung auf dieser einen Ebene bewegt. Das Stück ist um seine Mittelachse gespiegelt, also ab der Mitte krebsgängig. Der vierte (letzte) Abschnitt ist zudem zur Gänze um eine Tonhöhenachse gespiegelt. Die Achsenkonstruktionen der Binnensymmetrien des ersten Teils sind nun so ausgelegt, dass ihre Wiederkehr in der zweiten Hälfte des Stückes im Krebs bzw. in der Retrogradinversion einerseits völlig identisch sein kann, andererseits aber sich völlig verändert präsentiert. Zudem werden selbständige Schichten (Streicher, manche Aktionen im Schlagzeug), die zunächst als Referenzebenen zum Hauptstrang des musikalischen Geschehens fungieren, im Verlauf der ersten Hälfte dermaßen von diesem absorbiert, dass sie in der Folge im zweiten Teil völlig verschwinden. So entsteht, trotz rigoroser spiegelbildlicher Wiederholung, dennoch eine Form, deren charakteristischer Duktus vielmehr durch eine eigentümliche Form linearen Fortschreitens geprägt ist.