Texte: Fundstücke
Pablo Neruda: „lnclinado en las tardes"
lnclinado en las tardes tiro mis tristes redes
a tus ojos oceanicos.
Alli se estira y arde en la mas alta hoguera
mi soledad que da vueltas los brazos como un naufrago.
Hago rojas seiiales sobre tus ojos ausentes que olean como el mar a la orilla de un faro.
Solo guradas tinieblas, hembra distante y mia,
de tu mirada emerge a veces la costa del espanto.
lnclinado en las tardes echo mis tristes redes a ese mar que sacude tus ojos oceanicos.
Los pajaros nocturnos picotean las primeras estrellas que centellean como mi alma cuando te amo.
Galopa la noche en su yegua sombria desparramando espigas azules sobre el campo.
In die Abende geneigt werfe ich die Netze meiner Traurigkeit aus nach deinen ozeanischen Augen.
Dort im höchsten Feuer brennt und dehnt sich
meine Einsamkeit, die um sich schlägt wie ein Ertrinkender.
Ich sende rote Signale über deine abwesenden Augen, die wogen wie das Meer am Ufer eines Leuchtturms.
Nur Dunkelheiten hütest du, Frau fern und mein,
aus deinem Bild entsteigt zuweilen die Küste des Erschreckens.
In die Abende geneigt bringe ich die Netze meiner Traurigkeit aus in jenem Meer, das deine ozeanischen Augen berennt.
Die Vögel der Nacht picken die ersten Sterne auf, die wie meine Seele, wenn ich dich liebe, funkeln.
Es galoppiert die Nacht auf ihrer düsteren Stute, blaue Ähren verstreuend über dem Feld.
„lnclinado en las tardes" - das Gedicht evoziert Vorstellungen, die die einer Traumwelt sind. Tagesreste, längst vergessene Erlebnisse, Triebhaftes, Sehnsüchte und phantastische Bilder gehen eine bizarre Verbindung ein, eine völlig andere Welt zeigend und doch auf eine seltsame Weise vertraut.
Die Träume einer Nacht werden unterbrochen von Schlafphasen, einem noch tieferen Rückzug ins Unbewusste, bei dem der Körper, das Atmen, die inneren Vorgänge wesentlich sind. Der Übergang vom Wachen zum Schlaf vollzieht sich in einer Mischung und Überlappung von Außen- und Innenwelt; Grenzen verschwimmen. Diese Strukturen habe ich in meinem Stück umzusetzen versucht. Für die Schlafphasen sind stimmlose Geräuschklänge kennzeichnend, die farbige Welt der Traumphasen wird durch gesungene Klänge charakterisiert - als Grundlage das Gedicht von Pablo Neruda. Integraler Bestandteil des Werkes ist auch seine Inszenierung - der Wechsel der Standorte, eine bestimmte Gestik und Mimik.
Zu Beginn des Stücks das Hinübergleiten vom Wachzustand in den Schlaf: sprachliche objets trouvés, die bald kaleidoskopartig durch einandergewürfelt werden. Langsam erfolgt der Übergang zur ersten Traumphase (1. Strophe): ein Sechs-Klang, glissando Strukturen, vierteltönige Verschiebungen, eine immer wieder auf tauchende Quinte.
Die zweite Schlafphase bringt große Atembögen und noch stärker verwischte Tagesreste. In der darauffolgenden Traumphase (2. bis 4. Strophe) stehen sich zwei Gruppen antiphonisch gegenüber. Unterschiedliche Metren und Textteile treffen aufeinander, expressive Klangballungen, dunkle Flächen und Punktklänge .loten die Stimmung von Bedrücktheit bis zum Aufschrei aus. Der Übergang zur dritten Schlafphase ist fließend-Geräuschklänge spielen in die vorhergehende Traumphase hinein.
Die letzte Traumphase (5. bis 7. Strophe) splittert das Ensemble in drei Zweiergruppen auf. Sich im Traum an einen anderen Traum erinnern - Strukturen der ersten Traumphase tauchen wieder auf, werden aber überlagert und verwandelt. Dieser Teil endet mit einem Solo.
Ruhige Atemklänge bilden den Schluss des Stücks.