Andrzej Dobrowolski über Musik für Kammerensemble und einen Sprecher
Gegen die Verbindung der Musik mit Sprache habe ich immer eine gewisse Abneigung empfunden. Der Ausdruck „Vertonung einer Dichtung" bedeutete für mich etwas Fremdes und Künstliches, und gesungene Gefühle wirkten auf mich unnatürlich und oft auch lächerlich. In solchen Verbindungen dominiert in den meisten Fällen eine der beiden Künste Musik oder Literatur so gravierend, dass die andere manchmal als über flüssig erscheint. Nur in sehr wenigen Werken ganz genialer Komponisten wurde die Einheit und Homogenität der beiden Elemente erreicht. Es war also verständlich, dass ich auf den Vorschlag , ein Stück zu einem Text eines Grazer Schriftstellers zu komponieren, anfangs ablehnend reagierte. Dann habe ich mir doch darüber Gedanken gemacht. Der einzige Weg, der mir richtig erschien, war, aus den zwei verschiedenen, unabhängigen Qualitäten Musik und Literatur eine ganz neue dritte selbständige Qualität zu schaffen. Ich wusste, dass mir das nur dann gelingen können werde, wenn der Text nicht gesungen, sondern gesprochen wird . Der Text mit einer hohen literarischen Qualität sollte keine subjektiven Gefühle, sondern objektive Ereignisse schildern. Ereignisse , die an der Grenze zwischen der Wirklichkeit und dem Traum, zwischen der Realität und der Abstraktion liegen. Die Musik müsste als ein Kontrapunkt zum Text wirken, manchmal aber den Text „homophonisch" unterstützen.
In der Kurzerzählung „Flüchten" von Wilhelm Muster, die der Autor für meine Zwecke speziell überarbeitet hatte, habe ich einen idealen Text gefunden. Ob es mir gelungen ist, diese dritte Qualität zu schaffen, kann nur der Hörer selbst beurteilen.