Billige Lieder aus meiner Volksoper
Billige Lieder aus meiner Volksoper nach der Volkstragodie "Die Hinterhältigkeit der Windmaschinen" von Gert Jonke fur Solisten, Sprecher, kleines Orchester und Tonbander (1986) (Konzertfassung)

Da handelt es sich um den Versuch, einen Opernquerschnitt ohne allzu aufwendige Be­setzung auf das Konzertpodium zu bringen. Was ist auf der Strecke geblieben: Der Chor - bei einer Choroper ist das ein Jammer, aber schließlich fehlt ja auch die szenische Umsetzung, was ebenso schmerzlich ist, es fehlt die chorische Besetzung der Streicher, fast vollständig das Holz, es fehlen die Putz­frauen und deren köstliche Szenen in der Semi-Buffa.

Was bleibt: Die in der Oper durch Überlage­rungen verschleierte, in dieser  Fassung aber radikal freigelegte Banalität.

Ob dabei - nach Studium des Prinzips der banalen, aber einprägsamen, also der popu­lären Melodie mit ihren blanken Symmetrien und schamlosen Sequenzen bei Mozart, Beethoven, Gounod und anderen Großmei­stern der „Schlagermelodie" (auch aus dem Operettenbereich) - , ob also dabei gelungen ist, was Gunter Schneider kürzlich über das Werk eines Kollegen sagte: „Die neue Ein­fachheit durch Banalität zu transzendieren"?

 

Inhaltsangabe

1. Akt

Auf einer Opernbühne tauchen Bühnenarbei­ter auf. Sie haben die Aufgabe, diese Bühne für die nächste Vorstellung auf- und umzu­bauen. Unerwartet erscheint ein Zeitungs­verkäufer, der seine Ware mit Hilfe von Schlagzeilen anpreist. Allerdings verkünden diese Schlagzeilen eine schreckliche Bot­schaft: Ab sofort ist jeder Staatsbürger dazu verpflichtet, einen Existenzberechtigungs­ausweis zu besitzen. Wer diesen Ausweis nicht bei sich führt, wird verhaftet. Nach an­fänglicher Freude über die sympathische Fi­gur des Zeitungsverkäufers bricht in der Ar­beitergruppe Panik aus. Die Schlagzeilen haben Reminiszenzen hervorgerufen: Kürz­lich wurde einer der Arbeiter ohne Existenzberechtigungsausweis von der Polizei fest­genommen. Die Arbeit muss aber weiterge­hen, die Oper muss gespielt werden. Tollpat­schig und verloren kommt ein neuer Büh­nenarbeiter als Ersatz für den Verhafteten herein. Kaum auf der Bühne, stürzt er sich auf eine Putzfrau und will sie vergewaltigen. Die Kollegen hindern ihn daran - schließlich muss die Arbeit getan werden. Aber wieder­ um wird der Arbeitsprozess gestört: Die Vorarbeiterin erklärt dem Neuhinzugekomme­nen, wie er sich in dieser Umgebung bei den so oft auftretenden Stürmen verhalten soll. Dieser aber weigert sich, die Warnung ernst zu nehmen - da bricht der Sturm aus. Während die Arbeiter schon daran gewöhnt sind, sich an den Sturmhilfsgestellen festzu­halten, wird der unvorsichtige Kollege vom Orkan weggeweht. Doch siehe da, nach dem Sturm kehrt der schon Totgeglaubte wieder zurück, wobei er die Geschichte seiner wun­dersamen Errettung erzählt. Ab jetzt über­ stürzen sich die Ereignisse: In einem übergangslosen Rollenwechsel übernehmen Bühnenarbeiter einige Rollen aus der Oper, für die sie die Szene abbauen. Manch Mächtiger der Welt betritt die Bühne, so der Präsident des Inlands und der Sohn des Präsidenten des Auslands, worauf die Büh­nenarbeiter für den einen und den anderen Partei ergreifen, so dass handfeste Konfliktsituationen entstehen, die schließlich zur Selbstvernichtung führen. Ende aller Hoff­nungen? Nein, denn aus dem vermeintlichen Tod erstehen alle langsam wieder auf, die Opernaufführung drängt, der Termin muss eingehalten werden. In feierlicher Überein­stimmung und mit einer Rede der Vorarbeiterin, welche dem Publikum den pünktlichen Beginn der Oper ankündigt, endet der Erste Akt.

 

2. Akt

 

Die Arbeiter räumen die Bühne, auf der an­scheinend inzwischen eine Oper aufgeführt wurde, ab. Dabei richten sie ihre Aggressionen gegen das Theater selbst und äffen ver­gnügt etwaige Tenöre nach. Ihre Aussage lässt an Deutlichkeit nichts übrig: Das ganze Theater stinkt ... Veranschaulicht wird die Meinung der Bühnenarbeiter durch die über­raschende Aufführung einer „Opera-Semi­ Buffa". Zwei Primadonnen, ihre tratschsüch­tige Garderobiere, ein Opernführer mit sei­nem Adlatus überbieten einander in absur­den Opernritualen; die Primadonnen versu­chen, einander niederzusingen. Da es kei­ner der beiden gelingt, den stimmlichen Sieg zu erringen, bleibt nur eine Lösung üb­rig: Sie erschießen einander im Duell. Die Schussdetonationen rufen den wachsamen Inspektor auf den Plan. Gleichzeitig mit ihm stürzen die Bühnenarbeiter herein und ver­stecken die Leichen der Divas vor ihm. An­schließend begrüßen sie den Inspektor mit falscher Herzlichkeit. Er aber fordert unerbittlich den neuen Bühnenarbeiter zur Ausweisleistung auf. Dieser kann seinen Existenzberechtigungsausweis nicht vorzeigen und wird vor der entsetzten Arbeitergruppe verhaftet. Bedrückende Angst befällt die Bühnenarbeiter, sie wollen flüchten, sie su­chen nach schützender Heimat. Da bietet sich aus heiterem Himmel der geeignete Zu­fluchtsort an, in den sie nacheinander ver­schwinden.

Dieter Kaufmann
Interpret/innen

Vokalsolisten: Dieter Kaufmann, Günter Lackner, Günter Mattitsch, Dietmar Pickl, Helmut Unterkofler
Sprecherin: Gunda König
Tonbänder und Zuspielung: Dieter Kaufmann
Dirigent: Nikolaus Fheodoroff
Ensemble Kreativ

Termine
Location
Grazer Congress – Saal Steiermark
Konzert
Uraufführung
Biografien